Bundestagsdebatte
Er kann und darf sich in dieser Verantwortung hinter niemandem
verstecken. Die Absicht, über die Empfehlung des Kunstbeirates
des Bundestages im Unterschied zu anderen Aufträgen - ich bin
sehr dafür, dass das die Ausnahme bleibt, damit wir hier keine
Missverständnisse bekommen - -
(Zurufe von der SPD: Oh!)
Lassen Sie mich doch in Ruhe begründen, warum. Vielleicht
haben Sie über den Unterschied dieses Projektes noch gar nicht
hinreichend nachgedacht.
(Zuruf von der SPD: Doch! Doch!)
Es gibt nicht nur vernünftige, sondern aus meiner Sicht
zwingende Gründe, warum diese Entscheidung im Plenum des
Deutschen Bundestages und nicht in irgendeinem anderen Gremium
getroffen werden muss.
Erstens. Nach der Projektbeschreibung des Künstlers kann
die Installation nur durch Mitwirkung der Mitglieder des
Parlamentes verwirklicht werden. Wenn die persönliche
Mitwirkung von 669 Mitgliedern des Bundestages konstitutiver
Bestandteil des Projektes ist, wird man diese wohl fragen
müssen, ob sie zur Mitwirkung bereit sind.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zweitens. In der Sache geht es Hans Haacke und den
Befürwortern seines Entwurfes um die Auseinandersetzung
zwischen der historischen Widmung des Reichstagsgebäudes aus
den schwierigen Anfangsjahren des deutschen Parlamentarismus und
dem heutigen Selbstverständnis eines von autoritärer
Bevormundung emanzipierten Parlaments. Diese Auseinandersetzung ist
gewiss zulässig. Ob allerdings das vorgeschlagene Projekt
für diese Auseinandersetzung innerhalb und außerhalb des
Parlamentes geeignet ist, darüber darf und muss man
streiten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Streit ist übrigens von Hans Haacke offenkundig gewollt.
Deswegen kann doch nicht ernsthaft beanstandet werden, dass dieser
Streit nun stattfindet; schon gar nicht kann beanstandet werden,
dass er im Parlament ausgetragen und entschieden wird.
(Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der
SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die im wörtlichen wie im übertragenen Sinne
künstliche Gegenüberstellung von Volk und
Bevölkerung wird weder dem Volk noch der Bevölkerung
gerecht, schon gar nicht der sinnvollen Auseinandersetzung mit
diesem sensiblen Sachverhalt.