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Dezember 06/1998
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"Für die von uns angestrebte Reform des Gesundheitswesens brauchen wir einen breiten Dialog"

K. Goering-Eckardt

Am Donnerstag, dem 10. Dezember, verabschiedete der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung, der vor allem zwei Dinge in den Vordergrund rückt: So sollen erstens einige unzumutbare Belastungen, die von der alten Regierung den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes auferlegt wurden, zurückgenommen werden. Zweitens war es zwingend, auch Zuwächse und Mehrausgaben zu begrenzen. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Zuzahlungen für Medikamente zu reduzieren: Insgesamt werden damit in erster Linie ältere Menschen und chronisch Kranke im ersten Jahr ihrer Krankheit entlastet. Für chronisch Kranke wird die Belastung auf null "gefahren", wenn sie wenigstens ein Prozent ihres Jahresbrutto für Zuzahlungen aufwenden mußten. Die völlige Freistellung gilt jedoch nicht für Familienmitglieder. Deswegen wird das Krankenhausnotopfer als unzulässige Belastung für die Versicherten ausgesetzt. Ganz entscheidend, hinsichtlich der Gerechtigkeit zwischen den Generationen, ist die Wiederaufnahme der Zahnersatzleistungen für nach 1978 Geborene. Auch die Elemente der privaten Versicherungswirtschaft, die das Solidarprinzip schwächen, werden gestrichen. Das betrifft insbesondere die Wiedereinführung des Sachleistungsprinzips beim Zahnersatz.
Natürlich war es notwendig, über diese Maßnahmen hinaus für eine Begrenzung der Ausgabensteigerung zu sorgen: Die einzuführenden Budgets dienen nicht der Gegenfinanzierung, sondern sorgen dafür, daß auch finanziell der Weg für die bevorstehenden Strukturveränderungen nicht verbaut wird. Bei den Ausgabenbegrenzungen handelt es sich um außerordentlich differenzierte Lösungen, die genügend Raum für eine hochwertige medizinische Versorgung der Bevölkerung lassen. Bei der vertragsärztlichen Versorgung gab es eine Steigerung um die Grundlohnsummenentwicklung des Jahres 1998, das sind voraussichtlich in 1999 1,2 Mrd. DM mehr als in diesem Jahr. Besonders zu berücksichtigen war dabei die Situation in den neuen Ländern, wo sich die Grundlohnsummenentwicklung um Null herum bewegt. Hier wird im Gesetzesentwurf ein solidarischer Ausgleich vorgeschlagen, der 140 Mio. DM von West nach Ost umverteilt. Mit der Aufhebung der Befristung im gesamtdeutschen Risikostrukturausgleich wurde eine weitere Voraussetzung für eine Gleichbehandlung im Gesundheitssystem geschaffen.
Mit Blick auf die zu erwartenden Proteste der Ärzteschaft sei eines gesagt: Es ist nicht allein so, daß den niedergelassenen Ärzten Zuwächse in dem oben genannten Umfang zugestanden werden. Mit diesem Gesetz werden vergangene Budgetüberschreitungen von Rückzahlungen freigestellt. Und auch bei Überschreitungen im nächsten Jahr gehen die Rückzahlungsverpflichtungen nicht über 5 Prozent des Budgets hinaus. Eine durchaus verträgliche und vor allem ausreichende Begrenzung sollte es auch im Bereich der Arznei- und Heilmittelbudgets geben, nachdem es hier in den letzten Jahren bis zu zweistellige Zuwächse gab. Der Boom alternativer Heilmethoden und zugleich die für die meisten Patienten große Unübersichtlichkeit in diesem Bereich zeigt, daß es auch hier ein Bedürfnis gibt, Klarheit zu schaffen und für eine positive und verläßliche Entwicklung zu sorgen. Für die von uns angestrebte Reform des Gesundheitswesens brauchen wir einen breiten Dialog: Zu einer solchen Diskussion wollen wir einladen, wir wollen sie bald führen und nicht über die Köpfe der Betroffenen auf allen Seiten hinweg.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1998/bp9806/9806051b
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