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November 10/1999
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ANHÖRUNG DES RECHTSAUSSCHUSSES

Gesetzentwürfe zu Graffiti auf Expertenkritik gestoßen

(re) Auf Kritik ist die Absicht von CDU/CSU, F.D.P. und des Bundesrats gestoßen, durch das Einfügen eines Tatbestandsmerkmals des Verunstaltens in das Strafgesetzbuch künftig härter gegen das als Graffiti bezeichnete unerlaubte Besprühen von Gebäuden und Gegenständen vorgehen zu können. Dem federführenden Rechtsausschuss liegen dazu Gesetzentwürfe (CDU/CSU 14/546, F.D.P. 14/569, Bundesrat 14/872) vor.

Professor Peter­Alexis Albrecht von der Universität Frankfurt/Main machte in seiner Stellungnahme zu einer Anhörung des Ausschusses am 27. Oktober deutlich, das Besprühen von Sachen sei jeweils dann nicht als Sachbeschädigung strafbar, wenn eine erhebliche Substanzverletzung nicht festzustellen sei. Albrecht bemängelte zudem, die Begründungen der Gesetzentwürfe seien kaum am Unrecht der Eigentumsverletzung orientiert. Sie begründeten vielmehr die Verschärfung des Tatbestandes primär mit der "Ästhetik des Lebensgefühls", die durch Graffiti in Großstädten beeinträchtigt werden. Mit dieser Begründung verließen die Gesetzesinitiativen aber die Grundlagen rational überprüfbarer Argumentationen.

Skeptisch zeigte sich auch Professor Rainer Hamm, ebenfalls aus Frankfurt/Main: Zwar seien Graffitimalereien auf fremdem Eigentum als Vorstufe oder auch bereits als Ausdruck eines vandalistischen Verhaltens zu werten. Doch sei fraglich, ob sich durch die vorgeschlagene Ausweitung der Straftatbestände über die Sachbeschädigung etwas zum Positiven hin verändern lassen werde.

Die Rechtsprechung sei – anders als dies die Urheber der Gesetzentwürfe unterstellten – bei genauerer Betrachtung durchaus geeignet, die Fälle "eindeutiger Strafwürdigkeit" von den Fällen bloßer "zweifelhafter Strafbarkeit" zu unterscheiden. So gut wie alle jene Graffitischmierereien, deren immer größere Verbreitung zu Recht als Misstand und als aggressive Verschandelung der Städte empfunden würde, seien bereits nach geltendem Recht als Sachbeschädigung strafbar, weshalb es einer Gesetzesänderung gar nicht erst bedürfe, so Hamm.

Als "illegitim" bezeichnete Professor Uwe Scheffler von der Europauniversität Viadrina in Frankfurt/Oder die Verfahrensweise der Gesetzesinitiatoren, ungeachtet seiner Strafwürdigkeit "flächendeckend" Verhalten mit Strafe zu bedrohen, um Ermittlungs­ und in Beweisschwierigkeiten bei der Abgrenzung des Strafbaren zu vermeiden.

Unterstützung fand das Vorhaben der beiden Oppositionsfraktionen und der Länderkammer hingegen bei der Staatsanwaltschaft München I. Angesichts der erheblichen Schäden sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich sei es ein begründetes Anliegen der Allgemeinheit, diesem "Vandalismus" mit Mitteln des Strafrechts Herr zu werden.

Die derzeitige Rechtslage gewährleiste keinen schnellen und effektiven Umgang mit den Graffiti­Straftätern, sondern baue hohe Hürden auf. Die vorliegenden Gesetzesinitiativen seien demgegenüber geeignet, diese Schwierigkeiten zu vermeiden und eine wirksame Strafverfolgung zu ermöglichen.

Eine ähnliche Ansicht vertrat auch Bernd Neumann aus Berlin als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Maler­ und Lackierarbeiten: Die angestrebte Ergänzung des Strafrechts um das Merkmal des Verunstaltens sei "zwingend notwendig".

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9910/9910074b
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