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Januar 01/2000
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Gemeinsamer Nenner der Bundestagsfraktionen:

Der Globalisierung nicht tatenlos zusehen

Produktion der Mercedes-Benz A-Klasse in einem Werk in Brasilien.
Produktion der Mercedes-Benz A-Klasse in einem Werk in Brasilien.

Die Weltwirtschaft wächst immer schneller zusammen. Die globale Vernetzung der Kommunikationsstränge macht Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg möglich. Immer mehr große Unternehmen fusionieren mit Partnern aus anderen Staaten. Programmierer in Indien erledigen Aufträge für Firmen in den Vereinigten Staaten, Japan oder Deutschland. Gleichzeitig sorgen internationale Vereinbarungen dafür, dass Handelshemmnisse und Subventionen weiter abgebaut werden. Die Welt wird zu einem einheitlichen Handelsplatz.

Aktienhandel an der New Yorker Wall Street.
Aktienhandel an der New Yorker Wall Street.

Diese Entwicklung, kurz als Globalisierung bezeichnet, hat einschneidende Konsequenzen für die Beschäftigung und die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen auch in Deutschland. Damit befasst sich auch eine der neu eingesetzten Enquete-Kommissionen (siehe Seite 14). Blickpunkt Bundestag hat Vertreter der fünf Bundestagsfraktionen gefragt, welche Konsequenzen sie aus der Globalisierung ziehen wollen. Bei allen Unterschieden in der Betrachtung kommen sie alle zu dem Ergebnis, dass die Politik der Entwicklung nicht tatenlos zuschauen darf.

Ernst Schwanhold, SPD
Ernst Schwanhold, SPD

Parlament will Globalisierung gestalten

Der Deutsche Bundestag hat soeben auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Globalisierung der Weltwirtschaft beschlossen. Dies ist ein wichtiges politisches Signal. Es zeigt nach innen wie nach außen, dass sich das deutsche Parlament aktiv und gestaltend um die Globalisierung kümmert.

Hierum geht es bei unserer Globalisierungspolitik im Kern: Auf Basis einer nüchternen Analyse der Effekte und Herausforderungen der Globalisierung müssen umgehend konkrete und praktisch verwertbare Politikantworten auf die Globalisierung sowohl im nationalen Bereich wie auch im Sinne von internationalen Ordnungsrahmen entwickelt werden, damit die Globalisierungschancen die -gefahren deutlich übertreffen.

Wohlstand für die einen,Jobverlust für die anderen?

In wirtschaftlicher Hinsicht und auf Deutschland wie Europa bezogen hat die Globalisierung bislang insgesamt unbestreitbare Wohlstandsgewinne aus intensivierter nationaler Arbeitsteilung, beispielsweise aus internationalem Handel und Investitionen, erbracht. Andererseits hat sie bei uns zwischenzeitlich Wachstums-, Investitions- und Innovationsschwächen entblößt und verschärft sowie zu indiskutabel hohen Arbeitslosenquoten geführt. Genau hier – bei diesen Herausforderungen – liegen die wesentlichen Ansatzpunkte für deutsche und internationale Politikantworten der kommenden Jahre.

Programmiererin in einem Software-Centerim indischen Bangalore.
Programmiererin in einem Software-Centerim indischen Bangalore.

Globalisierung erfordert zunächst nationale Antworten: Hier geht es im Kern darum, durch mehr Wachstum, größere Flexibilität und Vernetzung unserer Wirtschaft besonders auf regionaler Ebene – mehr Fitness im globalisierten Wettbewerb zu schaffen. Hierfür ist eine konsequent wachstums- und beschäftigungsorientierte Ausrichtung besonders unserer Makro-, Steuer-, Mittelstands-, Innovations- und Regionalpolitik wesentlich. Dies geschieht beispielsweise mit unserem Zukunfts-programm, das einen ausgewogenen policy mix aus nachfrageorientierter Familien- und Lohnkostenentlastung, aus investitionsfreundlicher Unternehmen-steuersenkung sowie aus zinsstabilisierender und -senkender Haushaltssanierung darstellt.

Gute Noten für diedeutsche Wirtschaft

Hierfür vergeben die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, der Sachverständigenrat und deutsche Großbanken gute Noten, indem sie das Wirtschaftswachstum für Deutschland in diesem Jahr mit bis zu drei Prozent prognostizieren. Der Sachverständigenrat sagt aufgrund dieser positiven Konjunkturentwicklung für das Jahr 2000 nochmals durchschnittlich 300.000 weniger Arbeitslose voraus als im letzten Jahr.

Auf der internationalen Ebene geht es im Kern um die Bildung von internationalen oder zumindest europäischen Ordnungsrahmen für besonders globalisierte Wirtschaftsbereiche.

Im Bereich der internationalen Handelspolitik müssen wir schnellstens einen Neuanlauf zur Weiterentwicklung des multilateralen Welthandelssystems starten. Ähnliches gilt für den Investitions- und Wettbewerbsbereich.

Für die internationalen Finanzmärkte, die sich geradezu explosionsartig – aber dabei oftmals ohne realwirtschaftliche "Bodenhaftung" – entwickeln, brauchen wir praktikable Schritte hin zu einer neuen Weltfinanzarchitektur.

Zur Angleichung der internationalen Wettbewerbsbedingungen müssen die Arbeits-, Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherstandards international verpflichtend angeglichen werden.

Gunnar Uldall, CDU/CSU
Gunnar Uldall, CDU/CSU

Noch nie gab es so viele internationale Fusionen

Aus Daimler-Benz, dem Inbegriff eines deutschen Unternehmens, ist durch die Fusion mit Chrysler endgültig ein internationales Unternehmen geworden. Nur noch die Hälfte der rund 450.000 Mitarbeiter arbeitet in Deutschland, der Rest ist auf über 200 Länder weltweit verteilt. Nach dem Zusammenschluss 1998 hat DaimlerChrysler fast 20.000 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und wird weiter wachsen. Mit der Fusion von Deutsche Bank und Bankers Trust wird aus einer europäischen Bank ein Global Player mit starker Präsenz im US-amerikanischen Markt. Mit einem Volumen von 610 Mrd. Euro in der Vermögens- und Fondsverwaltung ist die Deutsche Bank zu den weltweit führenden Asset-Managern aufgerückt.

Zwei Beispiele für gelungene internationale Fusionen. Noch nie hat es so viele Zusammenschlüsse weltgrößter Unternehmen gegeben wie heute, 1998 weltweit über 26.000. Von 1995 bis 1998 hat sich die Summe, die für die Übernahme von Unternehmen ausgegeben wurde, von 1000 Mrd. US $ auf 2.400 Mrd. US $ erhöht – ein spektakulärer Anstieg.

Kapitalmärkte operierenrund um die Uhr

Diese Fusionswelle hat Gründe: Märkte sind heute Weltmärkte. Innovationen erfordern einen immer höheren Kapitaleinsatz. Kürzere Produktzyklen und geringere Erlöse aufgrund verschärften Wettbewerbs zwingen zur Kostensenkung durch Skaleneffekte. Unternehmen und Märkte sind weltweit vernetzt. Die Kapitalmärkte operieren heute rund um die Uhr. Die Liberalisierung bisher z.T. abgeschotteter Märkte, z.B. im Bereich Telekommunikation, eröffnet neue Fusionsmöglichkeiten.

Die Dimension der Mega-Mergers macht folgender Vergleich deutlich: DaimlerChrysler erzielte 1998 weltweit mit rund 450.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 150 Mrd. US $ – fast das Doppelte des BIP Portugals. Man könnte fast sagen: Wichtiger für die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft als die Wahl der Regierung Portugals ist die Wahl des Vorstandes von DaimlerChrysler oder der Deutschen Bank.

Kartellbehörden müssen über Grenzen zusammenarbeiten

Gibt es politischen Handlungsbedarf? In fast allen Industrieländern der Welt sichern Wettbewerbs- und Fusionskontrollregimes den nationalen Wettbewerb. Internationalen Wettbewerbsbeschränkungen und Unternehmensverflechtungen wird das nationale Kartellrecht jedoch immer weniger gerecht. Den Herausforderungen der Globalisierung kann aus wettbewerbspolitischer Sicht am besten durch eine internationale Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden begegnet werden. Das erste internationale Abkommen auf diesem Gebiet hat die EU mit den USA geschlossen, ein Abkommen mit Kanada wird folgen. Eine Weltkartellbehörde steht dagegen für mich wegen fehlender Sanktionsmöglichkeit und drohender Bürokratisierung nicht zur Diskussion. Es sind in erster Linie wettbewerbsfähige, wachstumsstarke und innovative Unternehmen, die sich zusammenschließen oder im Ausland investieren. Da die deutschen Unternehmen im internationalen Vergleich als eher leistungsstark einzustufen sind, darf die deutsche Politik nicht darauf ausgerichtet sein, internationale Fusionen zu unterbinden. Unsere Unternehmen könnten sonst die Chancen der Globalisierung nicht wahrnehmen.

In der globalisierten Welt von heute können die Menschen und Unternehmen weitgehend entscheiden, wo sie leben oder produzieren. Hier muss die nationale Wirtschaftspolitik ansetzen und die jeweiligen Standortbedingungen an internationale Maßstäbe anpassen.

Annelie Buntenbach, B'90/Die Grünen
Annelie Buntenbach, B'90/Die Grünen

600 Millionen Kinder leben in extremer Armut

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen schätzt, dass derzeit sechshundert Millionen Kinder in extremer Armut aufwachsen – ihnen steht pro Tag weniger als ein Dollar zum Leben zur Verfügung. Dass die Produktion materiellen Reichtums in den letzten Jahren in einem unglaublichen Tempo beschleunigt worden ist, stellt umso dringender die Frage, wer an diesem Reichtum teilhat. Jeremy Rifkin verweist darauf, dass das zusammengelegte Vermögen der 358 reichs-ten Menschen der Welt den ärmsten 40 Prozent der Menschheit auf der Erde entspricht, das sind 2,5 Mrd. Menschen.

Schere zwischen Arm und Reich schließen

Die zentrale Frage für die Arbeit der jetzt eingerichteten Enquete-Kommission muss lauten: Wie wirkt sich Globalisierung auf die Lebensverhältnisse der Menschen aus? Und: Wie kann durch politisches Handeln einer Verschlechterung dieser Verhältnisse entgegengewirkt werden? Wie kann verhindert werden, dass die Schere zwischen Arm und Reich weltweit immer weiter auseinander klafft?

Globalisierung führt zur Verlagerung von Umweltbelastungen in Staaten mit geringeren Umweltstandards, zu steigenden Transportaktivitäten und zum Kahlschlag an den globalen Ressourcen, wie z.B. der Abholzung der Regenwälder. Dieser Raubbau an der Umwelt entzieht zum einen den Menschen anderer Regionen ihre Lebensgrundlagen, zum anderen wirken die ökologischen und sozialen Folgen über jede Staatsgrenze hinweg. Hier gilt es belastbarere Wege als bisher zu finden und zu verhindern, dass der Prozess der Globalisierung weiterhin auf Kosten der natürlichen Lebensgrundlagen und der endlichen Ressourcen geht.

Erheblich an Bedeutung gewonnen hat der Einfluss der internationalen Finanzmärkte auf nationale Volkswirtschaften. Hier bedarf es dringend der institutionellen Änderungen, um größere Transparenz und bessere Kontrolle der Finanzströme zu erreichen. In diesem Zusammenhang muss auch die Funktion der internationalen Organisationen wie IWF oder Weltbank überprüft werden.

Globalisierung ist kein Schicksal

Blick auf das Volkswagenwerk in Shanghai, ein deutsch-chinesisches Gemeinschaftsunternehmen.
Blick auf das Volkswagenwerk in Shanghai, ein deutsch-chinesisches Gemeinschaftsunternehmen.

Globalisierung wird oft dargestellt als etwas, was quasi schicksalhaft über uns he-reingebrochen ist, was sich der politischen Bearbeitungen entzieht, in dem mächtige, unsichtbare Kräfte wirken, eine Art globaler Sachzwang. Dies ist ein großer Mythos. Die Art und Weise, wie wir zusammenleben, ist von Menschen organisiert, kann daher auch von Menschen verändert werden. Was Globalisierung ausmacht, wie z.B. die explosionsartige Ausweitung der internationalen Finanzmärkte, ist politisch gewollt, ist politisch beeinflussbar. Derzeit werden jedoch nationale Gestaltungsmöglichkeiten aufgegeben, ohne dass neue, internationale, entwickelt und an ihre Stelle gesetzt werden. Die zentrale Herausforderung nationaler wie internationaler Politik besteht darin, den ungebremsten Handels- und Finanztransfer durch die Setzung verbindlicher Regeln in eine soziale und ökologisch verträgliche Richtung zu beeinflussen.

Die Auseinandersetzung mit der Globalisierung im Sinne einer Wiedergewinnung bzw. Entwicklung politischer Handlungsspielräume ist ein wichtiger Beitrag gegen die Politikverdrossenheit. Wer das Gefühl nicht loswird, Unbeeinflussbarem ausgeliefert zu sein, neigt zu Rückzug oder Forderungen nach autoritärem Durchgreifen von oben. Das Internationale Agieren vieler Konzerne beweist, dass Globalisierung kein Dumpingwettbewerb nationaler Volkswirtschaften ist. Wenn sie dennoch so verstanden wird, dann besteht die Gefahr der Nationalisierung von Marktkonflikten, der Konkurrenz von Menschen verschiedener Sprache und Herkunft, und dies nicht nur auf den Baustellen. Das Ergebnis wäre eine Nationalisierung und Abgrenzung in den Köpfen statt einer weltoffenen Haltung.

Gudrun Kopp, F.D.P.
Gudrun Kopp, F.D.P.

Globale Wirtschaft darf nicht zügellos sein

Schon 1817 hat der britische Ökonom David Ricardo die Theorie des "komparativen Vorteils" entwickelt, wonach es für alle von Vorteil ist, wenn sich jeder auf die Produktion der Güter konzentriert, die er am günstigsten produzieren kann, und alle dann miteinander handeln. Dies schließt den grenzüberschreitenden, freien Handel ein, so der Ökonom.

Und heute? Wer im Dienstleistungszeitalter des 21. Jahrhunderts veraltete nationalstaatliche Strukturen aus der Anfangszeit der Industrialisierung zu bewahren versucht, wird gnadenlos von modernen, standortungebundenen wirtschaftlichen Tätigkeiten am Markt überrollt.

Mehr Wettbewerbzum Wohle aller

Die Globalisierung der Wirtschaft mit ihren lokalen Auswirkungen auf jeden Einzelnen muss aktiv gestaltet werden, im Sinne von mehr – nicht weniger – Wettbewerb, damit möglichst viele Menschen vom Globalisierungsprozess profitieren. Hier tragen Wirtschaft und Politik eine besondere Verantwortung. Wie für jeden Bürger, so muss es auch für Unternehmen grundlegende Werte geben, an denen das Handeln auszurichten ist. Beispielsweise erwirtschaften global agierende Unternehmen in manchen Ländern einen nicht unerheblichen Anteil des Bruttosozialproduktes. Hier liegt eine besondere Verantwortung des Unternehmens, regionale Partnerschaften dauerhaft zu gestalten, gerade wenn man sich die Abhängigkeiten von Zulieferern, Händlern oder anderen Partnern des Unternehmens vor Augen führt.

Diese Erfüllung einer sozialen Verantwortung der Unternehmen gehört neben den rein ökonomischen Aspekten zu den Grundvoraussetzungen einer dauerhaft positiven Entwicklung der Globalisierung. Bei allen ökonomischen Chancen eines freien Welthandels für Gesellschaft und Wirtschaft dürfen wir eines nicht vergessen: Unser Wertesystem ist geprägt von sozialer, nicht von freier, zügelloser Marktwirtschaft.

Die Aufgabe der Politik – also unsere Aufgabe – besteht darin, annähernd gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle wirtschaftlichen Akteure zu schaffen und eine realistische Darstellung der globalen Zusammenhänge und künftigen Entwicklungen in allen Politikfeldern transparent zu machen. Dazu muss der Wettbewerb gerade auf internationaler/europäischer Ebene zum Vorteil aller Verbraucher nicht nur erhalten, sondern nachhaltig gestärkt werden. Insofern ist es unbedingt erforderlich, ein international geltendes Basis-Regelwerk für alle wirtschaftlich Tätigen zu schaffen.

Politik muss Ängste derBürger abbauen

Ein weiterer politischer Aufgabenschwerpunkt liegt darin, Ängste vor Neuem abzubauen und Orientierungshilfen für die Gesellschaft zu geben. Denn eine aktuelle Studie des emnid-Instituts über Zukunftsfragen kommt zu dem Schluss, dass 70 Prozent der Befragten besorgt in die Zukunft blicken, während Mitte der 80er Jahre nur rund 20 Prozent über Zukunftsängste klagten. Diese Ängste abzubauen, Transparenz und Orientierung zu schaffen, wird unsere wichtigste Aufgabe im neuen Jahrtausend sein.

Wir brauchen also eine realistische und vorausschauende Politik, die in der Lage ist, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu erkennen und zu gestalten. Modernisierung der Politik bedeutet nicht, auf Meinungsumfragen zu reagieren, sondern heißt vielmehr, sich an objektiv veränderte Bedingungen anzupassen. Unter dieser Maxime müssen wir hin zum liberalen, verantwortungsvollen Weltbürger, der die Chancen der Globalisierung ergreift, und ihn von einem internationalen System der Nationalstaaten zu einem globalen politischen System führen.

Ursula Lötzer, PDS
Ursula Lötzer, PDS

Konzentration von Reichtum und Macht

In den Reden von den Chancen der internationalen Arbeitsteilung, eines freien Kapital-, Güter- und Dienstleistungsverkehrs treibt die Phantasie bunte Blüten: Überall könne Wohlstand herrschen, alle profitieren, und keinem würde es schlechter gehen. Handel wird gar mit Entwicklung gleichgesetzt. Aber Zahlen über Zunahme des Handels sagen nichts über die sozialen Folgen und Wirkungen, die Akteure, die Gewinner und Verlierer.

Abstand zwischen Arm undReich immer größer

Der Entwicklungsunterschied zwischen den reichsten und ärmsten Ländern hat sich seit 1960 mehr als verdoppelt. Weltweit von Mexiko bis Magdeburg ist in Folge der Konkurrenz die Arbeitslosigkeit gestiegen. Gerade die exportintensiven Unternehmen mit einer Außenhandelsabhängigkeit von mehr als 40 Prozent sind Hauptträger des Arbeitsplatzabbaus.

Die Globalisierung führt zu einer Konzentration von Reichtum und Macht und der Beschneidung von Entwicklungschancen für viele, in allen Ländern der Welt.

Als Gegenargumentation kann man auch im Bundestag immer wieder hören, dass die Probleme mit der Globalisierung nur deshalb bestünden, weil sie noch nicht wirklich umgesetzt wurde. Es gebe noch zu viele Hemmnisse, vor allem staatliche Regulierungen. Man müsse endlich Ernst machen mit Deregulierung, Flexibilisierung und Wettbewerb. Umgekehrt stimmt es.

Die Regierungen haben mit Deregulierungsmaßnahmen den Finanzmärkten zu einer Spekulationsmacht verholfen, mit der sie ganze Volkswirtschaften in die Krise führen können. Es war insbesondere die Regierung Kohl, die soziale und gewerkschaftliche Standards in internationalen Vereinbarungen immer wieder abgelehnt hat.

Multinationale Konzerneerpressen Regierungen

Sie setzen den multinationalen Konzernen keine Grenzen durch Fusionskontrolle und Mitbestimmungsrechte, sondern unterwerfen sich ihren politischen Erpressungen, Steuersenkung und Deregulierung immer weiter zu treiben. Insofern haben sie die Globalisierungsprobleme geschaffen. Was aber politisch geschaffen wurde, kann auch politisch beeinflusst werden.

Die WTO-Runde in Seattle hat das deutlich gemacht. Hier kamen Gewinner und Verlierer der Globalisierung zusammen. Die Kritik und Proteste formierten sich um das Wort "Demokratie". Die Menschen demons-trierten, dass eine neue WTO-Runde, ein Weiter-so in der Liberalisierung und Deregulierung, ihre Probleme nicht lösen, sondern nur verschärfen wird. Sie machten deutlich, dass weder die Entwicklungsländer noch die betroffenen Menschen sich den Ausschluss ihrer Interessen, Sorgen und Nöte weiter gefallen lassen.

Das ist auch richtig so und legitim und führte im Endeffekt zum Scheitern.

Wer jetzt die Verhandlungen in Hinterzimmern in Genf unter weitgehendem Ausschluss der politischen Öffentlichkeit weiterführt und am Ziel einer umfassenden Runde festhält, wie es auch die Bundesregierung vorschlägt, nimmt all dies nicht zur Kenntnis.

Stattdessen werden wir in der jetzt eingerichteten Enquete-Kommission eine umfassende Diskussion der Globalisierungspolitik hinsichtlich der sozialen und öko-logischen Auswirkungen und der Entwick-lungsperspektiven der Länder beginnen. Handel und internationale Arbeitsteilung sollen deshalb nicht verboten, sondern ökologisch und sozial reguliert werden, damit beides die Entwicklung unterstützt.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0001/0001065
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