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Juni 06/2000
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PLENARDEBATTE VOR GIPFEL DER STAATS- UND REGIERUNGSCHEFS

Auf einen erfolgreichen Abschluss der EU-Regierungskonferenz dringen

(eu) Nach dem Willen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen soll der Bundestag erneut seine Forderung bekräftigen, die Regierungskonferenz der Europäischen Union bis Ende dieses Jahres erfolgreich abzuschließen. Nur so könne die EU ihr Versprechen einhalten, ab 2003 für die Aufnahme neuer Mitglieder bereit zu sein, betonen die Fraktionen in einem Antrag ( 14/3514). Die Abgeordneten legten die Initiative anlässlich des bevorstehenden Gipfels der EU-Rats- und Regierungschefs am 19. und 20. Juni im portugiesischen Feira vor.

SPD und B 90/Grüne erwarten von der Regierung unter anderem, zur Reform der Europäischen Kommission nur Vorschläge zu unterstützen, welche die Arbeits- und Entscheidungsfähigkeit der Kommission in einer erweiterten Union garantieren. Sie habe sich ferner dafür einzusetzen, dass der Bevölkerungsumfang der Mitgliedstaaten angemessen bei Stimmengewichtung im Rat berücksichtigt werde. Es bedürfe des Weiteren eines möglichst umfassenden Überganges zur Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit in der EU. Alle legislativen Entscheidungen, die im Rat mit qualifizierter Mehrheit getroffen würden, müssten auch der Mitentscheidung durch das Europäische Parlament (EP) unterliegen.

Für feste Obergrenze

Dazu erklärte am 8. Juni Günter Gloser (SPD) im Plenum des Bundestages, seine Fraktion setze sich dafür ein, eine feste Obergrenze für die Anzahl der Kommissare einzuführen. Wenn dies nicht möglich sei, weil der Widerstand der kleineren EU-Mitgliedstaaten nicht überwunden werden könne, sei es um so wichtiger, die Stellung der Kommissionspräsidenten und die politische Verantwortlichkeit der einzelnen Kommissare zu stärken.

Bei der Stimmengewichtung im Rat setzten die Sozialdemokraten nicht auf ein bestimmtes Modell, so Gloser. Es komme vielmehr darauf an, dass der Bevölkerungsumfang Deutschlands bei Abstimmungen im Rat angemessen zum Ausdruck komme. Was den Übergang zu Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit in möglichst vielen Bereichen betreffe, so gelte, je weiter die Regierungskonferenz in diesem Punkt komme, desto mehr werde die Handlungsfähigkeit der erweiterten EU gestärkt.

Für die CDU/CSU betonte deren Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz, es sei an der Zeit, über eine Kompetenzordnung in der Europäischen Union zu sprechen. Kompetenzfragen seien Verfassungsfragen. Man werde die Zustimmung der Menschen nur gewinnen, wenn klar sei, wer in der EU wofür zuständig ist. Zudem müssten sich diejenigen, die in der EU Verantwortung trügen, auf eine demokratische Legitimation auch durch die Parlamente stützen können. Deshalb stehe die EU vor der vielleicht wichtigsten Weichenstellung der letzten Jahre und Jahrzehnte.

Entscheidungen jetzt treffen

Wenn entsprechende Entscheidungen jetzt nicht getroffen würden, so Merz weiter, dann müsse damit gerechnet werden, dass die CDU/CSU am Ende der Regierungskonferenz die Zustimmung zu dem Ergebnis nicht werde geben können. Dies sei umso mehr zu beachten, weil dieses Ergebnis im Bundestag vermutlich mit Zweidrittelmehrheit festgestellt werden müsse.

Dazu stellte Gloser fest, für eine Erweiterung der Tagesordnung der Regierungskonferenz um den von der CDU/CSU geforderten Punkt werde es in Feira keine Mehrheit geben. Auch Christian Sterzing (Bündnis 90/Die Grünen) warnte in der Debatte davor, die Kompetenzregelung zum entscheidenden Kriterium für die Zustimmung zum für Ende dieses Jahres zu erwartenden Vertrag von Nizza zu machen. Zwar bedürfe es tendenziell einer Klärung der Kompetenzen im Sinne einer "Neuvermessung von Zuständigkeiten" auf den verschiedenen Ebenen zwischen Europa, Nationalstaat, Ländern, Regionen und Kommunen. Doch erfordere die Lösung eines solchen komplexen Problems Zeit. Mit einem "Big Bang" sei das Kompetenzproblem auf der derzeit laufenden Regierungskonferenz nicht zu lösen.

Ebenso erklärte Helmut Haussmann (F.D.P.) an die Adresse der CDU/CSU, ein Junktim zwischen endgültiger Kompetenzabgrenzung, Osterweiterung und Ratifizierung sei so nicht durchzuhalten. Er wolle den ungarischen Freunden und tschechischen Partnern nicht erklären müssen, dass die Regierungskonferenz – und damit der erste Schritt der Osterweiterung – am Veto eifersüchtiger Bundesländer gescheitert sei. Ein Einstieg in die Kompetenzabgrenzung müsse gefunden werden. Dies sei aber nicht in wenigen Monaten zu leisten.

Für die PDS führte Uwe Hiksch aus, im Rahmen der Regierungskonferenz müsse erreicht werden, dass Europa in das Zentrum der politischen Entscheidungen – weg von der Kommission und weg von den Räten wieder mehr in das EP – verlagert werden müsse. Man solle deshalb gemeinsam dafür eintreten, dass das EP in allen Politikbereichen Mitentscheidungsrechte bekomme.

Nach dem Willen der PDS soll der Bundestag die Regierung zudem auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die gegenwärtig in der Europäischen Union erarbeitete Grundrechte-Charta in den EU-Vertrag aufgenommen und damit rechtsverbindlich wird. Dies betont die Fraktion in einem Antrag ( 14/3513). Von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ( 14/3387), der CDU/CSU ( 14/3368) und der F.D.P. ( 14/3322) liegen bereits Anträge zur EU-Grundrechte-Charta vor.

Gipfelergebnisse begrüßen

Nach dem Willen des Europaausschusses soll der Bundestag außerdem die Ergebnisse des Europäischen Sonderrates von Lissabon Ende März dieses Jahres begrüßen. Dies beschloss das Gremium am 7. Juni und billigte damit mehrheitlich einem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen ( 14/3099). Keine Mehrheit fand im Europaausschuss ein Entschließungsantrag der CDU/CSU ( 14/3101). Darin hatte die Fraktion unter anderem festgestellt, der Gipfel in Lissabon sei ohne durchschlagenden Erfolg geblieben.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0006/0006020
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