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09/2001
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Serie

Die Baukommission

Ein kleines Gremium für einen großen Plan

Große Vorhaben erfordern ihre eigene Logistik und die Bündelung von Sachverstand. Handelt es sich um zeitlich zwar begrenzte, aber dennoch sehr umfangreiche und komplexe Aufgaben, steht dem Deutschen Bundestag die Möglichkeit zu, eine Kommission einzusetzen, die Sachwalterin und Fachgremium zugleich ist, Mittlerin zwischen dem Auftraggeber und denen, die den Auftrag ausführen. Der Bau eines neuen Parlamentsviertels ist für eine solche Kommission eine wahre und einzigartige Herausforderung.

1991 fiel die Entscheidung, dass Regierung und Parlament vom Rhein an die Spree ziehen und Berlin die künftige Hauptstadt des vereinten Deutschlands ist. "Demokratie als Bauherr" sollte kein Slogan bleiben, sondern Wirklichkeit werden. Wirklichkeit durch ein Parlamentsviertel, das ei- nerseits funktional den Ansprüchen der Volksvertreter gerecht wird und zugleich in seiner Ausformung und Außenwirkung als Produkt eines demokratischen Gemeinwesens erkennbar sein sollte, als Zeichensystem eines neuen Zeitalters.

1991 wurde, um diesem Auftrag gerecht zu werden, eine Baukommission gebildet.

Was damals Vision war, ist heute Realität – fertig gebaut oder kurz vor Fertigstellung: Das Reichstagsgebäude mit seiner neuen Kuppel, die Abgeordnetenbauten Paul-Löbe-Haus und Jakob-Kaiser-Haus mit dem einstigen Reichstagspräsidentenpalais, heute Sitz der Parlamentarischen Gesellschaft, und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, in dem später die Bibliothek des Deutschen Bundestages untergebracht sein wird.

Die Mitglieder der Baukommission im neuen Paul-Löbe-Haus des Bundestages
Die Mitglieder der Baukommission im neuen Paul-Löbe-Haus des Bundestages, von links nach rechts: Ilse Janz, Konrad Gilges, Dr. Ilja Seifert, Gabriele Iwersen, Hans Raidel, Birgit Schnieber-Jastram, Dr.-Ing. Dietmar Kansy (Vorsitzender), Franziska Eichstädt-Bohlig, Ulrich Heinrich, Reinhold Robbe, Johann Jakob Nettekoven (Sekretär der Kommission).

Die Baukommission traf und trifft sämtliche für das neue Parlamentsviertel und dessen Gebäude wichtigen Entscheidungen, die in Einzelfällen durch den Ältestenrat oder das Plenum diskutiert und bestätigt wurden. Ihr gehören 13 ordentliche Mitglieder an, die entsprechend der Fraktionsstärken bestimmt wurden, und ebenso viele stellvertretende Mitglieder. Vorsitzender der Baukommission ist vom ersten Tag an Dietmar Kansy, Abgeordneter der CDU/CSU, Bauingenieur und bereits zu Bonner Zeiten mit den Bauten des Deutschen Bundestages befasst.

Die erste große Aufgabe, die es zu bewältigen galt, war der Umbau des Reichstagsgebäudes. Das fordert geradezu die kurze Rückblende: Bereits im Jahre 1871, als der Beschluss gefasst wurde, das Reichstagsgebäude zu bauen, wurde eine Baukommission gebildet. Das jetzige Gremium also sollte mit neuem Inhalt versehen und auf neues Niveau heben, was vor 130 Jahren begonnen wurde. Und wieder entstand, in dieser Zeit der ersten Überlegungen, in welchen Häusern künftig die Volksvertreter in Berlin arbeiten sollen, ein Begriff: "Parlament der kurzen Wege" wurde das Projekt genannt, das die Baukommission im Auftrag des Bundestages auf einen – nicht ganz so kurzen – Weg bringen sollte. Ihr Auftrag war und ist, "für den Ältestenrat die notwendigen organisatorischen, planerischen und Gestaltungsentscheidungen für die Arbeitsfähigkeit und die volle Fun.ktionsfähigkeit des Deutschen Bundestages in Berlin als politisch verantwortlicher Bauherr und als Nutzer zu treffen". Nichts einfacher als das, dachte da niemand, denn hinter der trockenen Aufgabenbeschreibung verbargen sich nicht nur in finanzieller Hinsicht weitreichende Entscheidungen und eine Unmenge Kleinarbeit, die manchmal darin bestand, bei unzähligen Besichtigungen vor Ort tausende Puzzleteile zu einem Ganzen zu fügen.

All diese Arbeit begann im wahrsten Sinne des Wortes mit der Ideenfindung. Man lobte Wettbewerbe aus und begutachtete die Vorschläge der Architekten. Um etwas auszuloben, müssen hunderte Seiten mit Inhalten gefüllt werden, denn Architekten wollen wissen, was der künftige Bauherr eigentlich braucht. Arbeitszimmer, Sitzungsräume, Säle, Teeküchen, Sanitäreinrichtungen, öffentliche Räume, Rückzugsorte, Verbindungen zwischen den Häusern, bis hin zur Anzahl der Steckdosen in den Arbeitszimmern – alles bedarf der Überlegung, die in Vorgaben mündet. Dann erst beginnt das eigentliche Baugeschehen, wieder mit hunderten Entscheidungen verbunden, die beraten und getroffen werden müssen.

Für all die Arbeit steht der Baukommission das Referat Bauplanung zur Verfügung, in dem Sitzungen vorbereitet, Unterlagen erstellt, Protokolle geschrieben, Kosten- und Terminmanagement überprüft werden. Und es wurde beschlossen, eine Baugesellschaft zu gründen, die auf den Baustellen als Bauherr fungiert – sozusagen als Scharnier zwischen Bundestag und seiner Kommission und den zahlreichen Firmen, die bei den Großprojekten in einem Orchester spielen müssen. Die Konstruktion klingt etwas kompliziert und hat nicht in allen Dingen gehalten, was man sich davon versprach.

Insgesamt ging und geht es um ein Bauvolumen von 2,8 Milliarden Mark, mit denen ein Parlamentsviertel über die einstige Grenze, die die Stadt teilte, hinweg gebaut werden soll.

In diesen Tagen führte die Baukommission ihre 150. Sitzung seit Bestehen durch und beging zugleich, ganz unspektakulär, ihr zehnjähriges Bestehen. "Zu 90 Prozent", so Dietmar Kansy, "ist die Arbeit der Baukommission abgeschlossen. Ich glaube, hier ist ein wirklich schönes Stück Stadt entstanden." Für den Vorsitzenden der Kommission ist die gute Zusammenarbeit in dem Gremium eine der wichtigsten und schönsten Erfahrungen der vergangenen Jahre.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0109/0109104a
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