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Oktober 6/2003
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Die Fraktionssitzung

Ein Höhepunkt der Sitzungswoche

Die Fraktionssitzungen sind ein Höhepunkt in den Sitzungswochen des Parlamentes. Denn hier werden alle wichtigen und aktuellen politischen Fragen behandelt, hier geht es um die endgültige Festlegung von Kurs und Fahrplan für alle anstehenden parlamentarischen Entscheidungen.

Immer wieder dienstags wird es in Sitzungswochen eng auf der dritten Etage des Reichstagsgebäudes. Mehr oder weniger gleichzeitig erreicht die Arbeit in allen Fraktionen ihren wöchentlichen Höhepunkt. Über mangelnde Präsenz braucht sich dann kein Manager des Parlamentsgeschäftes zu beklagen. Binnen kurzer Zeit bringen dicht gefüllte Aufzüge Hunderte von Abgeordneten bis vor die Türen der Fraktionssäle. Und davor werden die Politiker umlagert von Dutzenden von Reportern und Fernsehteams. Die Medienpräsenz (1) ist hoch. Denn auch für Bundeskanzler und Minister gehören die dann beginnenden Fraktionssitzungen zu den herausragenden Pflichtterminen.

Eine einfache Formel des Bundestagsgeschehens besagt: Alles wird von den Fachgremien intensiv vorbereitet, aber alles ist nichts, wenn es nicht durch die Fraktion gegangen ist. Das gilt in besonderer Weise für die großen Linien der Politik. Deshalb nutzt der Bundeskanzler die Fraktionssitzungen immer wieder, um die Abgeordneten, die schließlich seine Mehrheit sichern, aus erster Hand über Hintergründe und Zusammenhänge zu informieren. Ähnliches gilt für die Oppositionsfraktionen, in denen die Parteivorsitzenden ihre Strategie darlegen. Ansonsten ist es üblich, dass die Fraktionsvorsitzenden zu Beginn der Sitzungen einen „politischen Bericht“ über die aktuelle Lage erstatten. Daran schließen sich mitunter intensive Diskussionen an, die immer wieder auch schon Beziehungen zu konkreten Abstimmungen und aktuell zur Entscheidung anstehenden Sachfragen herstellen.

Tür zu den Räumen der SPD-Fraktion
Tür zu den Räumen der CDU/CSU-Fraktion

Umfassende Vorbereitungen

Traditionell schließt sich eine Übersicht über alle wichtigen Aspekte der Sitzungswoche an, in der ein Parlamentarischer Geschäftsführer auf mögliche Fallstricke aufmerksam macht. Etwa, wann ganz besonders auf die Präsenz zu achten ist, um nicht unvermutet in Abstimmungsniederlagen hineinzulaufen. In der Fraktionssitzung wird auch endgültig festgelegt, welche Mitglieder zu den einzelnen Tagesordnungspunkten im Plenum (2) das Wort ergreifen sollen. Alle geplanten Initiativen und Gesetzesvorhaben werden in der Fraktion aufgerufen. Häufig gibt es nach umfassender Vorbereitung in den Fachzirkeln kaum Grund für erneute Debatten. Die Parlamentarischen Geschäftsführer und geschäftsführenden und erweiterten Vorstände (3) waren im Vorfeld bei der Ausräumung fraktionsinterner Konflikte meist nicht untätig. Doch da die Fraktionssitzung die allerletzte Möglichkeit ist, in den einzelnen Sachgebieten die Meinung der Fraktion zu beeinflussen, kommt es in verschiedenen Fraktionen immer mal wieder zu unerwarteten Debatten. Das Ende der Sitzungen ist daher vorher selten genau festzulegen.

Tür zu den Räumen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Tür zu den Räumen der FDP-Fraktion

Wahlfunktionen

Wichtig ist zudem die Wahlfunktion der Fraktionsversammlung. Sie legt fest, wer die Fraktion als Vorsitzender, Stellvertretender Vorsitzender oder weiteres Vorstandsmitglied nach außen vertritt (wobei in der Unionsfraktion CDU und CSU ihre Repräsentanten getrennt wählen), wer für die Fraktion im Ältestenrat sitzen soll, wer für das Präsidium, für den Vorsitz oder den stellvertretenden Vorsitz von Bundestagsausschüssen kandidiert und wer weitere Posten für den Bundestag innerhalb und außerhalb des Parlaments übernehmen könnte.

Die Einberufung der Fraktionssitzung durch den Vorsitzenden ist unter anderem in Geschäfts- oder Arbeitsordnungen (4) klar geregelt: mindestens einmal pro Sitzungswoche, auf Wunsch eines Drittels der Mitglieder zusätzlich auch außerhalb dieser Zeit. Während der Sitzungswochen vermag eine Arbeitsgruppe ebenfalls eine außerordentliche Versammlung zu beantragen. Wenn es mindestens die Hälfte der anwesenden Mitglieder wünscht, kann die Tagesordnung auch noch während der laufenden Sitzung erweitert werden.

Informationsbörsen

Fraktionssitzungen haben häufig auch den Charakter von Informationsbörsen. Wer auch immer irgendetwas mit einem Kollegen abstimmen muss – zu kaum einem anderen Zeitpunkt sind alle parlamentarischen Entscheidungsträger so dicht beisammen. Und das bezieht sich nicht nur auf die Abgeordneten.

An jeder Fraktionssitzung nehmen auch Mitarbeiter der Abgeordneten und Fraktionen teil, bei den Koalitionsfraktionen erscheinen zudem Mitarbeiter aus den Ministerien. Bei heiklen Beratungen können aber selbst die Mitarbeiter und andere ständige Gäste ausgeschlossen werden.

Die Landesvertretungen (5) von Bundesländern mit gleichen politischen „Farben“ entsenden oft ebenfalls Beobachter. Denn natürlich schauen die Bundestagsabgeordneten nicht erst nach der Schlussabstimmung im Bundestag, was wohl der ebenfalls zu beteiligende Bundesrat daraus macht. Vielmehr bauen die Fraktionen die vermuteten Mehrheiten in der Länderkammer auch in ihre eigene Strategie und Argumentation ein.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2003/bp0306/0306024
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