Menschenrechte. Die Situation in Tschetschenien ist weiterhin "Besorgnis erregend". Dies machte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes am 13. April vor dem Menschenrechtsausschuss deutlich.
Ein Problem sei die Zahl der Verschleppungen, die oft straflos blieben. Nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation "Memorial" sind 396 Entführungen von Tschetschenen dokumentiert. 185 Entführte wurden wieder freigelassen und 34 ermordet aufgefunden. Diese Erkenntnisse seien jedoch mit Vorsicht zu behandeln, so der Regierungsvertreter. Die tatsächliche Zahl an Entführungen dürfte weit höher liegen. Nach den Erkenntnissen von "Human Rights Watch" seien durchschnittlich zwei Entführungen pro Tag zu registrieren.
Die Bereitschaft der russischen Regierung, mit der deutschen Administration zusammenzuarbeiten, sei gewachsen. Das Thema Tschetschenien bilde dabei keine Ausnahme. Der Nordkaukasus-Beauftragte der russischen Regierung, Dmitrij Kosak, habe deutlich gemacht, Russland sei daran interessiert, dass Deutschland auch finanziell dabei hilft, die Verwaltungsstrukturen zu modernisieren. Auch an Investitionen von deutscher Seite habe sich Kosak sehr interessiert gezeigt. Der Vertreter der Bundesregierung schränkte seine Bemerkungen dahin gehend ein, die Grenzen der Gesprächsbereitschaft Moskaus zur Tschetschenien-Frage seien immer wieder spürbar.
Die Sozialdemokraten bemerkten, Dreh- und Angelpunkt sei, dass Menschenrechtsverletzungen durch russische Sicherheitskräfte eingestellt würden. Auf diesem Gebiet seien leider keinerlei Fortschritte zu verzeichnen. Auch der leider nur zweimal im Jahr tagende Gesprächskreis zur Menschenrechtslage, der sich aus hohen Beamten zusammensetze, sei nicht geeignet, den fortdauernden Menschenrechtsverletzungen Einhalt zu gebieten. Die CDU/CSU erklärte, die Bereitschaft der russischen Seite sei zu begrüßen, in den Dialog über Menschenrechte einzutreten. Es sei abzuwarten, welche Fortschritte daraus erwüchsen.
Mit der Mehrheit der Koalition nahm der mitberatende Menschenrechtsausschuss einen Antrag von SPD und Bündnis/Die Grünen (15/4855) gegen die Stimmen der Opposition an. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, sie solle in ihrem Dialog mit Moskau auf eine politische Lösung des Tschetschenien-Konfliktes drängen, um so die Spirale von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen anzuhalten.
Die Bereitschaft des russischen Präsidenten Wladimir Putin, bei den Bemühungen um eine Lösung der Konflikte im Nordkaukasus und in Tschetschenien einen intensiven Dialog mit Deutschland und der EU zu führen, sei auch unterstützenswert.
Die Koalition stellt außerdem fest, dass der Europarat im vergangenen Herbst zahlreiche und schwere Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien erwähnt habe. Zugleich habe er in mehreren Dokumenten beklagt, dass diese Verbrechen nach wie vor unzureichend verhindert oder geahndet würden, so dass sich ein Klima der Straflosigkeit ausbreite.