Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 47 / 21.11.2005
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Günter Pursch

CDU sagt klar und deutlich Ja

Merkel sieht Große Koalition als einzig mögliche Konstellation

"Als stärkste Kraft haben wir den Auftrag, die Regierung zu bilden." Dies erklärte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel am 14. November vor den rund 100 Delegierten des "Kleinen Parteitags" in Berlin. In ihrer 40-minütigen Rede warb sie eindringlich dafür, dem mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag die Zustimmung zu geben. Das Ergebnis war eindeutig: Es gab lediglich drei Gegenstimmen und eine Enthaltung.

Die designierte Bundeskanzlerin unterstrich, nach dem Wahlergebnis vom 18. September sei die Große Koalition die "einzige verantwortliche Perspektive" für Deutschland. Es sei "relativ müßig", heute darüber zu befinden, ob die Wählerinnen und Wähler bewusst oder unbewusst eine Große Koalition gewählt hätten. "Tatsache ist zunächst einmal: Sie haben Rot-Grün abgewählt und dem Land damit einen großen Dienst erwiesen." Andererseits hätten sie der Union aber nicht die von ihr "gewünschte Koalitionskonstellation" mit der FDP gegeben.

Merkel erklärte, bereits vor Beginn der Koalitionsverhandlungen habe ihre Partei Wert darauf gelegt, dass "die Politik nicht schon wieder mit einer Lüge" beginnen dürfe. Mit Blick auf Kritiker in der eigenen Partei habe sie den Eindruck, dass manch einer sich "die Realität dieses Landes immer noch nicht ausreichend" klar gemacht habe. Solide Haushaltspolitik sei "immer ein Markenzeichen" der Union gewesen. Dabei gehe es nicht um "Erbsen zählen", sondern um die Frage, wie man es mit der Zukunft halte: "Wie viel Verantwortung übernehme ich dafür, dass diejenigen Generationen, die nach uns kommen, ebenfalls noch Spielräume haben?" Die Investitionsquote liege unter neun Prozent. "Wir leben von der Substanz", beschwor sie die Delegierten. Man müsse sich jetzt der Verantwortung stellen und aufhören, von der Subs-tanz zu leben. Für 2007 sei deshalb angestrebt, einen verfassungsgemäßen Haushalt aufzustellen. Das Defizit 2007 belaufe sich auf 35 Milliarden Euro. 15 Milliarden sollen durch Einsparungen erwirtschaftet werden. Im Zuge der Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte würden "Einnahmeverbesserungen in Höhe von zehn Milliarden Euro" möglich. Man habe weitere zehn Milliarden Euro für Einmaleffekte wie den Verkauf von Bundesvermögen zur Verfügung.

Rentenkürzungen werden von der CDU abgelehnt. Es sei nun eine Rentenreform vorgesehen, "wie wir sie auch dann nicht besser hätten machen können, wenn wir allein regierten", erklärte Merkel. Die Lebensarbeitszeit würde verlängert und der Nachhaltigkeitsfaktor, der den demographischen Gegebenheiten Rechnung trage, werde berücksichtigt.

Politische Kraft könne sich nach Merkels Worten nicht "im Sanieren erschöpfen", sie müsse auch "inve- stieren und reformieren". Nach vier Jahren Großer Koalition werde man beurteilt werden: "Geht es den Menschen in diesem Land besser? Haben die Menschen Arbeit, von der sie leben können? Haben die Menschen anspruchsvolle Arbeitsplätze? Haben sie zukunftsfähige und sichere Arbeitsplätze?"

Als Erfolg verbuchte Merkel, dass die CDU erreicht habe, "ein Prozent der Mehrwertsteuererhöhung plus Strukturmaßnahmen bei der Bundesagentur für Arbeit" zusammenbringen zu können. Außerdem werde es zu einer zweiprozentigen Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung kommen. Dies sei einer der Kernpunkte des Regierungsprogrammes im Wahlkampf gewesen. Geschehe die Senkung der Lohnzusatzkosten nicht, habe man bei den einfachen Tätigkeiten "überhaupt keine Chance" mehr wettbewerbsfähig zu sein. Dies halte sie für einen "Riesengewinn". Das sei die "deutliche Handschrift der Union".

Bei Wachstum und Beschäftigung nannte sie als Ziel, in den kommenden zehn Jahren von der "roten Laterne" weg zu kommen und wieder eine Spitzenposition in Europa zu erreichen. Deutschland gehöre zu den ersten Drei auf dem Kontinent und nicht zu den letzten Drei, formulierte sie den Anspruch der CDU. Dies bedeute, den Abwärtstrend zu stoppen: "Wir müssen eine Trendumkehr schaffen. Wir müssen das Gefühl von mehr Sicherheit für den eigenen Arbeitsplatz und von mehr Schutz gegen Risiken bei Krankheit und Alter wieder festigen", schrieb sie den Delegierten ins Stammbuch.

Der Koalitionsvertrag bedeute keinen Abschluss, sondern sei der Anfang einer Regierungstätigkeit. Er sei die Basis für die gemeinsame Arbeit, der Ausgangspunkt für eine "gemeinsame Wanderung mit einem Partner, mit dem wir über fast 40 Jahre lang in tiefste Kämpfte verstrickt waren". Das sei nicht einfach, aber die Verhandlungen hätten gezeigt, dass es einen Geist der Gemeinsamkeit gebe und dass auch die "anderen sich der Verantwortung stellen" würden.

Die Mannschaft der Union, so hob sie hervor, könne sich sehen lassen. "Ich sage ausdrücklich: Auch die Mannschaft der anderen zeigt das Bemühen, sich der gemeinsamen Verantwortung zu stellen." Die CDU habe die Pflicht, nun alles daranzusetzen, "dass in dieser Legislaturperiode statt eines Stillstandes, statt eines Zickzackkurses und statt Unberechenbarkeit Verlässlichkeit und handwerklich ordentliche Arbeit einkehren, damit wieder Vertrauen in die Politik wachsen kann". Merkel ist der Überzeugung: "Wenn die Union an der Spitze der Verantwortung steht, wird es dem Lande besser gehen."

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus hob in der Aussprache hervor, dass es in der Koalitionsvereinbarung gelungen sei, die Probleme Deutschlands klar zu analysieren und Lösungen mit Hilfe einer unmissverständlichen Politik anzubieten. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Hartmut Schauerte bezeichnete den Vertrag als ein "politisch umgesetztes Wahlergebnis. Rund 50 Punkte im Vertrag finde er gut für den Mittelstand. "Die Richtung stimmt", erklärte er. Hessens Ministerpräsident Roland Koch sagte, der Haushalt 2006 sei die "Schlussbilanz von Rot-Grün", nicht jedoch die "Eröffnungsbilanz von Schwarz-Rot". CDU-Generalsekretär Volker Kauder appellierte an die Delegierten, "die Menschen müssen spüren, dass wir uns etwas zutrauen". Die Große Koalition bezeichnete er als "große Chance" und betonte: "Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir als Union zusammenhalten."


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.