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14. Wahlperiode
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Liste der Sachverständigen 19. September 2000


Anhörung:
"Konkretisierung und Operationalisierung des Leitbildes Nachhaltige Entwicklung für das Aktivitätsfeld Energie"

am 19. September 2000

F r a g e n k a t a l o g

  1. A. Definition und Konzeption des Nachhaltigkeitsbegriffs

  2. Wie definieren Sie nachhaltige Entwicklung? Gibt es eine
    a) allgemein akzeptierte Definition für nachhaltige Entwicklung oder ist
    b) nachhaltige zukunftsverträgliche Entwicklung, wie es die Enquête-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" formuliert hat "ähnlich wie die positiven und offenen Begriffe Freiheit oder Gerechtigkeit 'als regulative Idee' zu verstehen, für die es nur vorläufige und hypothetische Zwischenbestimmungen geben kann"?

  3. Interpretationen und Konkretisierungen des Leitbildes "Nachhaltige Entwicklung" nehmen häufig die Nachhaltigkeitsdefinition der Brundtland-Kommission als Ausgangspunkt: "Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs".
    a) Ausgehend hiervon wird von einigen die Aufgabe der Aufrechterhaltung gleicher Lebenschancen primär im Hinblick auf die Ressourcen- und Senkenproblematik, d.h. die ökologische Dimension gesehen, während den ökonomischen und sozialen Bedingungen eher eine instrumentelle Funktion im Sinne der praktischen Umsetzung der ökologischen Forderungen zugewiesen wird.
    b) Die Enquête-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" dagegen betont in ihrem "Drei Säulen"-Konzept, die prinzipielle Gleichrangigkeit der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimension von Nachhaltigkeit, die integrativ behandelt werden müssen.
    Welcher Vorstellung sollte zur Konkretisierung des Leitbildes "Nachhaltige Entwicklung" gefolgt werden?

  4. Sind aus dem Verbundvorhaben der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF), "Ein integratives Konzept nachhaltiger Entwicklung" (Wissenschaftliche Berichte FZKA 6393, 12/99) für die Beurteilung nachhaltiger Entwicklung insgesamt und für eine nachhaltige Energiewirtschaft im besonderen neue Gesichtspunkte ableitbar?

  5. Die Verknüpfung bzw. Integration der verschiedenen Dimensionen von "Nachhaltiger Entwicklung" (ökologisch, ökonomisch und sozial) ist bisher konzeptionell und praktisch noch nicht gelungen. Können Sie entsprechende Ansätze darlegen?

  6. Im Hinblick auf die Begründung der Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung, aber auch hinsichtlich der Formulierung von Nachhaltigkeitszielen sind zwei Argumentationslinien erkennbar:
    a) eine normative, die auf dem Postulat der Gerechtigkeit basiert und
    b) eine, die ausgeht von den Grenzen der Belastungsfähigkeit natürlicher, aber auch ökonomischer und sozialer Systeme.
    Welche dieser Begründungslinien halten Sie für geeignet, um Nachhaltigkeitsziele und -regeln abzuleiten? Ist eine Verknüpfung beider Argumentationslinien denkbar?

    B. Anwendung des Nachhaltigkeitskonzepts auf das Aktivitätsfeld Energie

  7. Was verstehen Sie unter einer nachhaltigen Energiewirtschaft, also nachhaltiger Energieversorgung und nachhaltigem Energieverbrauch bzw. Energienutzung?

  8. Energie wird in Prozessen, Gebäuden und Wandlertechniken zur Bereitstellung von konkreten Energiedienstleistungen (z.B. angenehm temperierte Räume, gekühlte Produkte, Kommunikation, Transport von A nach B, produzierte Produkte) genutzt. Welche Implikationen ergeben sich aus dieser konzeptionellen Sichtweise der Bereitstellung von Energiedienstleistungen (statt nur von Energie) für eine "nachhaltige Energiewirtschaft"?

  9. Welche prioritären Zielvorstellungen für eine nachhaltige Energiewirtschaft/Energiedienstleistungswirtschaft schlagen Sie vor? Können Sie Angaben zur weltweiten und nationalen Quantifizierung dieser Ziele machen? Wie lassen sich ggf. aus globalen Nachhaltigkeitszielen (z.B. bezüglich der Klimabeeinflussung oder des Ressourcenverbrauchs) nationalen Ziele ableiten?

  10. Welche Regeln für "ökologische Nachhaltigkeit", die
    a) von der Enquête-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des 13. Deutschen Bundestages,
    b) vom HGF-Verbundvorhaben
    c) von anderen Institutionen, wie z.B. dem ETH Rat oder dem Sachverständigenrat für Umweltfragen formuliert wurden, halten Sie für relevant im Hinblick auf nachhaltige Energieversorgung und nachhaltigen Energieverbrauch?

  11. Für wie bedeutsam für eine nachhaltige Energiewirtschaft halten Sie insbesondere die von der HGF und von der Enquête-Kommission (EK) formulierten
    a) Erhaltungsregeln für Ressourcen und Naturhaushalt?
    b) Regeln zu "Gefahren und unvertretbaren Risiken" (EK) bzw. zu "Technische Großrisiken mit möglicherweise katastrophalen Auswirkungen auf die Umwelt" (HGF)?

  12. Ist die Handlungsregel "Nicht-erneuerbare Energieträger und Rohstoffe sollen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger wirtschaftlich nutzbarer Ersatz in Form von neu erschlossenen Vorräten, erneuerbaren Ressourcen oder einer höheren Produktivität der Ressourcen verfügbar gemacht wird." als pragmatischer Ansatz akzeptabel?

  13. Kann es zwischen dem Ziel der Dematerialisierung (Steigerung der nichtenergetischen Ressourcenproduktivität, z. B. spezifisch geringerer Werkstoffeinsatz, Erhöhung der Recyclingquoten von energieintensiven Werkstoffen, Erhöhung der Produktlebensdauer) und dem Vorrang für rationelle Energienutzung und -umwandlung sowie dem verstärkten Einsatz von regenerativen Energiequellen zu einem Zielkonflikt kommen?

  14. Welche energierelevanten Nachhaltigkeitsregeln würden Sie für den ökologischen Bereich formulieren?

  15. Welche der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitsregeln
    a) von der Enquête-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des 13. Deutschen Bundestages,
    b) vom HGF-Verbundvorhaben
    c) von anderen Institutionen, wie z.B. dem IPCC (Third Assessment Report) oder UNDP/WEC/DESA (World Energy Assessment)
    halten Sie für relevant im Hinblick auf eine nachhaltige Energieversorgung und nachhaltigen Energieverbrauch?

  16. Welche energierelevanten Nachhaltigkeitsregeln würden Sie für den ökonomischen und sozialen Bereich formulieren?

  17. Sind die drei Dimensionen (ökologisch, ökonomisch, sozial) von Nachhaltigkeit gleichwertig in Bezug auf die Anwendung des Leitbildes auf die Energieversorgung?

  18. In Energieprogrammen wird ein "Vorrang der rationellen Energienutzung vor der Energieerzeugung" postuliert. Wie lässt sich dieser Vorrang konkretisieren und in welcher Beziehung steht er zum Ziel einer nachhaltigen Energiewirtschaft? Wie definieren Sie rationelle Energienutzung?

  19. Nachhaltigkeit verstanden im Sinne eines reinen "Verschlechterungsverbots" (Bestandserhaltung) mag allenfalls eine Ausgangsbasis für die hochentwickelten Industrieländer sein, ist jedoch völlig unzureichend im Hinblick auf die Länder, in denen selbst die Grundvoraussetzungen für humanes Leben nicht erfüllt sind. Ein global verallgemeinerungsfähiges Konzept von "Nachhaltiger Entwicklung" muss daher sowohl dem Aspekt der Bestandserhaltung als auch dem Aspekt der Entwicklung Rechnung tragen. Wie kann dem letzteren Gesichtspunkt im Rahmen der Operationalisierung des Leitbildes Nachhaltige Entwicklung für Energieversorgung und Energieverbrauch Rechnung getragen werden?

  20. Welche Fortschritte und Ansätze bezüglich der Analyse von Nachhaltigkeitsfragen der Energieversorgung sind aus Ihrer Sicht im internationalen Bereich von besonderer Bedeutung?

    C. Nachhaltigkeits-Indikatoren für das Aktivitätsfeld Energie

  21. Welche Indikatoren sind für die Beurteilung von Energietechnologien bzw. von Energiestrategien im Hinblick auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung geeignet? Wie sind diese im Hinblick auf ihre Verwendung zur Nachhaltigkeitsdiagnose, -prognose und zur Beurteilung von politischen Handlungsoptionen auszugestalten?

  22. Welche der folgenden Indikatoren würden Sie für einen Katalog von Nachhaltigkeits-Indikatoren in Bezug auf Energieversorgung und -anwendung empfehlen (bitte ergänzen Sie aus Ihrer Sicht wichtige Indikatoren)?

    a) Inanspruchnahme der Umweltmedien
    (i) Atmosphäre, Klimastabilität
    - GHG-Emissionen absolut, pro Energieeinheit, pro Kopf, pro Einheit BIP
    - Änderung der CO2-Konzentration und Beitrag des Energiesektors
    (ii) Versauerung/Eutrophierung
    - SO2-, NOx-Emissionen absolut, pro Energieeinheit, pro Kopf, pro Einheit BIP
    - Beitrag des Energiesektors zur Überschreitung von Critical Loads
    (iii) (Netto-) Flächenverbrauch (gemessen in m², evtl. differenziert nach Bodenqualität)
    (iv) Biodiversität (Arten pro km², Rote Listen)
    (v) Abfall (Menge toxischer, nichttoxischer und radioaktiver Abfälle, Toxizität, Halbwertszeiten, Strahlungsintensität)

    b) Inanspruchnahme von energetischen und nichtenergetischen Ressourcen
    (i) Erschöpfbare Energievorräte
    - Primärenergieverbrauch pro Dienstleistung
    - Änderung des Primärenergieverbrauchs
    - Wachstumsrate der Brutto-Primärenergieverbrauchs-Minderung
    - sicher gewinnbare Reserven
    - Steigerungsrate der Energieeffizienz bei Primärenergie, Energiewandlung, Industrie, Haushalten, Transport
    - Minderungsrate für den Verbrauch fossiler Energieträger im Verkehrsbereich,
    (ii) nicht-energetische Rohstoffe
    - Rohstoffverbrauch bzw. -aufwand pro Dienstleistung
    - Änderung des Rohstoffverbrauchs bzw. -aufwands
    - Rohstoffreserven, Reichweite
    - Reduzierung der Rohstoffintensität
    (iii) erneuerbare Energieströme
    - Nutzungsrate zu Bildungsrate
    - Anteil an der gesamten Strom- bzw. der gesamten Energiebedarfsdeckung (aufgeschlüsselt nach Sonne, Wind, Wasser, Biomasse, Erdwärme)

    c) Ökonomische Indikatoren
    (i) Kosten je Energiedienstleistung
    (ii) externe bzw. Vollkosten je Energiedienstleistung
    (iii) Internalisierungsgrad ökologischer und sozialer Kosten in den Energiepreisen
    (iv) Zunahme von Erlösen für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen,
    (v) Beschäftigungsentwicklung
    - allgemein
    - in ausgewählten Sektoren (Energiewirtschaft, bei der Verbesserung des Wärmeschutzes an Gebäuden, im ÖPNV)
    - Beschäftigungsintensität je Energiedienstleistung
    (vi) Verstärkung der Wirkung von ökonomischen Instrumenten für den Ressourcenschutz bzw. die Energieeinsparung,
    (vii) Verstärkung der Wirkung von ökonomischen Instrumenten für den Arbeitsplatzschutz(Energiewirtschaft)Importanteil Primärenergieversorgung
    (viii) Grad der Diversifizierung der Importstruktur,
    (ix) F&E Aufwendungen,
    (x) Exportpotentiale

    d) Soziale Indikatoren
    (i) Risiken (Gesundheitsrisiken - z.B. durch erhöhte Emissionen gesundheitsgefährdender Stoffe wie SO2, Feinstaub, VOC, toxische/kanzerogene und radioaktive Stoffe),
    (ii) Schadensausmaß möglicher Großunfälle
    (iii) Stabilität des Sozialsystems (Umsiedlungen, Migration)
    (iv) Einkommensentwicklung und -verteilung

  23. Für welche Indikatoren sollte man quantitative Ziele vorgeben, um das Erreichen einer nachhaltigen Entwicklung messen zu können? Wie kann man zu einer Zielfindung kommen?

    D. Bewertung bzw. relative Gewichtung verschiedener Nachhaltigkeitsindikatoren für das Aktivitätsfeld Energie

  24. Welche Indikatoren sind für das Leitbild der Generationengerechtigkeit besonders wichtig?

  25. Die Verknüpfung bzw. Integration ist auch für die verschiedenen Nachhaltigkeits-Indikatoren bisher konzeptionell und praktisch noch nicht gelungen.
    a) Welche Verfahren zur Gewichtung von Indikatoren gibt es?
    b) Welche Verfahren sind Ihrer Meinung nach besonders geeignet?

  26. Welche Ansätze zur Festlegung einer "gerechten" internationalen Verteilung der Rechte zur Umwelt- und Ressourcennutzung gibt es? Welche halten Sie für sinnvoll?

    E. Umsetzung und internationale Modellfälle

    Hinweis: Im Rahmen der Anhörung zur Nachhaltigkeit können die entscheidenden Fragen der Umsetzung nicht im Detail diskutiert werden. Die Experten werden daher gebeten, nur grundsätzliche Anmerkungen zu machen.

  27. Ist Ihrer Meinung nach das Konzept der "starken Nachhaltigkeit" praktisch umsetzbar?

  28. Werden die Ziele einer nachhaltigen Energiewirtschaft für Deutschland durch die Liberalisierung, die Osterweiterung der EU oder die Globalisierung in Frage gestellt? Wenn ja: Lassen sich negative Konsequenzen durch geeignete Strategien und Rahmenbedingungen vermeiden?

  29. Welche Instrumenten und Mittel halten Sie für die Umsetzung eines Nachhaltigkeitskonzeptes im Energiebereich für besonders geeignet und zielführend?

  30. Welche grundsätzlichen Rahmenbedingungen und Mechanismen der Regulierung und Selbststeuerung sind notwendig, um eine nachhaltige Energiewirtschaft weltweit und national zu realisieren?

  31. Welcher Zeithorizont ist dabei relevant und wie kann eine gesellschaftliche Akzeptanz für einzelne Umsetzungsschritte erreicht werden?

  32. Welche Länder können hinsichtlich ihrer methodischen Ansätze oder realen Fortschritte bei der Umsetzung einer nachhaltigen Energiewirtschaft als Modellfälle gelten?

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/gremien/kommissionen/archiv14/ener/enerfra5
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