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14. Wahlperiode
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"Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements"

Auftrag und Handlungsfelder

Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode 14. 12. 99
Drucksache 14/2351

Antrag
der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.
Einsetzung einer Enquete-Kommission
"Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements"

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag setzt eine Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" ein.

I. Allgemeine Aufgabenstellung

Bürgerschaftliches Engagement ist eine unverzichtbare Bedingung für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die Enquete-Kommission hat die Aufgabe, konkrete politische Strategien und Maßnahmen zur Förderung des freiwilligen gemeinwohlorientierten, nicht auf materiellen Gewinn ausgerichteten bürgerschaftlichen Engagements (kurz: Bürgerschaftliches Engagement) in Deutschland zu erarbeiten. Grundlage dafür bilden eine Bestandsaufnahme, Analyse und Bewertung der gegenwärtigen Situation. Im Rahmen dieser Erarbeitung sind auch die entsprechenden Vorgaben und Erfahrungen aus dem Bereich der Europäischen Union und anderer ausgewählter Länder zu berücksichtigen. Die Bestandsaufnahme und die zu erarbeitenden konkreten politischen Umsetzungsstrategien sollen in eine Beschreibung der gesellschaftlichen Wirklichkeit eingebunden werden, in der das Bürgerschaftliche Engagement eine bedeutende Funktion für den Einzelnen und für das Gemeinwohl besitzt.

II. Bestandsaufnahme

In einer Bestandsaufnahme soll die Kommission die gegenwärtige Situation des Bürgerschaftlichen Engagements erfassen und unter Berücksichtigung folgender Aspekte analysieren und bewerten:

  1. Begriffsklärung zum Bürgerschaftlichen Engagement einschließlich damit zusammenhängender Themenfelder wie Ehrenamt, Selbsthilfe und Freiwilligenarbeit; politikrelevante Aufbereitung des Diskussionsstandes in Wissenschaft und Praxis.

  2. Das Verhältnis des Bürgerschaftlichen Engagements zur Erwerbsarbeit.

  3. Erarbeitung eines typologischen Überblicks über die verschiedenen Erscheinungsformen und Ausprägungen Bürgerschaftlichen Engagements:

    • in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wie Kultur, Sport, Soziales, Kirche, Pflege, Jugendarbeit, Altenarbeit, Gesundheitswesen, Bildung, Erziehung, Betreuung, Katastrophenschutz/Rettungswesen, Rechtswesen, Arbeit und Wirtschaft, Umwelt/Ökologie und Politik;
    • in den verschiedenen Organisationsformen (Verbände, Vereine, Institutionen etc.) - unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens von beruflicher Tätigkeit und Bürgerschaftlichen Engagements in diesen Organisationen;
    • Aufgabenspektrum und Akzeptanz von Freiwilligenagenturen und Selbsthilfeorganisationen im Rahmen Bürgerschaftlichen Engagements.
  4. Rahmenbedingungen und Bedingungsfaktoren für das Bürgerschaftliche Engagement in Deutschland:

    • Rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, z. B. im Stiftungsrecht, Steuerrecht, Vereinsrecht, Sozialrecht, Arbeitsrecht, Gemeinnützigkeits recht; Fragen von Haftung und Versicherungsschutz;
    • soziale Bedingungsfaktoren: gesellschafts- und geschlechtsspezifische Ausprägungen Bürgerschaftlichen Engagements; Bedeutung von familiären Verhältnissen, Bildungsstand und Ausbildung;
    • wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen, u. a. Freistellungsregelungen und andere Fragen im Zusammenhang mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit;
    • Fortbildungs-, Qualifizierungs- und sonstige Fördermaßnahmen für bürgerschaftlich Engagierte;
    • Formen materieller und immaterieller Anerkennung Bürgerschaftlichen Engagements;
    • Rolle der Medien bei der Förderung Bürgerschaftlichen Engagements.
  5. Bürgerschaftliches Engagement im internationalen Vergleich: Erfahrungswerte aus anderen ausgewählten Staaten, Übertragbarkeit auf Deutschland.

III. Handlungsempfehlungen

Auf der Grundlage der Bestandsaufnahme soll die Enquete-Kommission politische Handlungsempfehlungen erarbeiten, die zu verbesserten Rahmenbedingungen für das Bürgerschaftliche Engagement auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene führen:

  1. Erarbeitung eines Orientierungsrahmens für die Förderung Bürgerschaftlichen Engagements; Vorschläge zur verstärkten Motivation der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere auch junger Menschen, Aufgaben im Rahmen Bürgerschaftlichen Engagements zu übernehmen;

  2. Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Bürgerschaftlichem Engagement in der Gesellschaft der Zukunft;

  3. Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements durch staatliche Maßnahmen (insbesondere Steuerrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Arbeitsrecht, Recht der sozialen Absicherung, Haftungsrecht, Versicherungsschutz, Stiftungsrecht, Vereinsrecht); Empfehlungen zur Schaffung materieller und immaterieller Anreize;

  4. Vorschläge zur Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für das Bürgerschaftliche Engagement;

  5. Vorschläge zur Veränderung von rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere auch zum Schutz vor Risiken, die mit dem Bürgerschaftlichen Engagement verbunden sind; Abbau von bürokratischen Hemmnissen, die die Ausübung Bürgerschaftlichen Engagements behindern;

  6. Qualifizierung, Fortbildung und Ausbildung bürgerschaftlich Engagierter; Nutzung durch Bürgerschaftliches Engagement erworbener Qualifikationen in der Arbeitswelt;

  7. Strategien zur Motivation bislang im Rahmen Bürgerschaftlichen Engagements unterrepräsentierter Gruppen;

  8. Empfehlungen zur Ausbalancierung des Verhältnisses von staatlicher Aufgabenwahrnehmung einerseits und Bürgerschaftlichen Engagements andererseits;

  9. Erarbeitung von Richtlinien für die Anerkennung und Qualitätssicherung von Institutionen im Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements;

  10. Voraussetzungen und Aufgabenspektrum eines "Bündnisses für das Bürgerschaftliche Engagement" in Deutschland; Entwicklung von Modellprojekten.

IV. Zusammensetzung

Der Enquete-Kommission gehören elf Mitglieder des Bundestages und elf Sachverständige an. Die Fraktion der SPD benennt fünf Mitglieder und fünf Sachverständige, die Fraktion der CDU/CSU drei Mitglieder und drei Sachverständige. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Fraktion der F.D.P. und die Fraktion der PDS benennen je ein Mitglied und je einen Sachverständigen. Für jedes Mitglied des Bundestages kann ein stellvertretendes Mitglied benannt werden.

V. Begleitung aktueller Gesetzgebungsverfahren und Vorlage eines Berichts

Die Enquete-Kommission soll während der laufenden Legislaturperiode an Gesetzesvorhaben beteiligt werden, die Belange des Bürgerschaftlichen Engagements betreffen. Die Kommission soll dem Deutschen Bundestag ein halbes Jahr vor Ablauf der Legislaturperiode über ihre Untersuchungsergebnisse berichten sowie Handlungsempfehlungen für die Politik vorlegen.

Berlin, den 14. Dezember 1999

Dr. Peter Struck und Fraktion
Dr. Wolfgang Schäuble, Michael Glos und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/gremien/kommissionen/archiv14/enga/enga_aha
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