Logo Deutscher Bundestag Blickpunkt Bundestag online

> Parlament > Parlament


zurück

Strukturen für geänderte Aufgaben

Bild: Klare Strukturen: Spiegelungen in einer Glaswand des Paul Löbe Hauses.
Klare Strukturen: Spiegelungen in einer Glaswand des Paul-Löbe-Hauses.

Bild: Hans-Joachim Stelzl auf der Dachterasse des Reichstagsgebäudes. Seit 1. Mai ist er Direktor beim Deutschen Bundestag.
Hans-Joachim Stelzl auf der Dachterasse des Reichstagsgebäudes. Seit 1. Mai ist er Direktor beim Deutschen Bundestag.

Bild: Vielfältige Dienste: Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung halten zu Beginn der Wahlperiode Dokumente für neue Abgeordnete bereit.
Vielfältige Dienste: Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung halten zu Beginn der Wahlperiode Dokumente für neue Abgeordnete bereit.

Organisationsreform des Bundestages

Die Verwaltung des Deutschen Bundestages, ein Serviceunternehmen mit rund 2.500 Mitarbeitern, ist zum 1. Mai 2006 in vielen Bereichen neu organisiert worden. Die Aufgaben wurden neu gebündelt und den geänderten Anforderungen angepasst. Denn die Informationsansprüche der Bürgerinnen und Bürger sind in den vergangenen Jahren gewachsen, und auch die Ansprüche an die Gesetzgebung nehmen kontinuierlich zu.

Mit Inkrafttreten der Reform hat auch ein neuer „Direktor beim Bundestag“ seinen Dienst angetreten. Hans-Joachim Stelzl, der bisher die Abteilung „Zentrale Dienste“ leitete, folgt Wolfgang Zeh an der Spitze der Bundestagsverwaltung nach, der in den Ruhestand ging. Der Bayer Stelzl arbeitet seit 1974 beim Bundestag.

Stelzl beschreibt die Aufgaben der Verwaltung so: „Wir verstehen uns als modernes Dienstleistungsunternehmen, das dem einzelnen Abgeordneten und dem Parlament insgesamt zuarbeitet und ihre Arbeit erleichtert.“ Diesem Ziel diene die jetzt vollzogene Reform der Organisation, die 17 Jahre lang fast unverändert geblieben war. Ihre beiden Eckpfeiler, zum einen die Gesetzgebung, zum andern die Information, wurden zu jeweils einer Abteilung zusammengefasst. Die Abteilung P, deren Kürzel für „Parlament und Abgeordnete“ steht, begleitet den gesamten Gang eines Gesetzes durch den Bundestag. Die neue Abteilung I („Information und Dokumentation“) umfasst die Information im weitesten Sinne.

In dieser Abteilung arbeiten nicht nur diejenigen, die die Informationen erzeugen – zum Beispiel die Öffentlichkeitsarbeit oder der Besucherdienst –, sondern auch die Mitarbeiter, die die Informationen technisch umsetzen. Stelzl: „Bisher war das verteilt auf zwei Abteilungen mit der Folge, dass in der ersten Abteilung viel Schönes und Neues erdacht wurde, und in der zweiten Abteilung gab es dann die Probleme mit der Realisierung. Jetzt machen die das alles aus einer Hand, und wir erhoffen uns daraus einen erheblichen Synergieeffekt.“

Zur Abteilung I gehören auch Bibliothek, Archiv und Pressedokumentation, Einrichtungen, die für Abgeordnete und Mitarbeiter eine Vielzahl von Informationen bereithalten. So archiviert die Pressedokumentation rund 300 regelmäßig erscheinende Publikationen und speichert täglich 2.000 Presseausschnitte.

Schwerpunkt Information

Andere Bereiche dieser Abteilung wenden sich mit ihren Informationen vor allem an die Bürger. So der Besucherdienst, der jährlich rund drei Millionen Menschen betreut. Der Besuch im Reichstagsgebäude und insbesondere auf der Kuppel erfreut sich ständig steigender Beliebtheit. Stelzl: „Bei Berlinbesuchern gilt inzwischen: Wer nicht auf der Kuppel war, der war nicht in Berlin.“ Bei vielen Besuchern wird Verständnis fürs Parlament geweckt oder gefördert. Im Bereich „Information und Öffentlichkeitsarbeit“ sind auch zwei Ausstellungen mit freiem Eintritt angesiedelt, die neu gestaltete Schau über den deutschen Parlamentarismus im Deutschen Dom sowie der Kunst- Raum im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus mit wechselnden Ausstellungen.

Die rund 200 Mitarbeiter der Unterabteilung „Informationstechnik“ sorgen dafür, dass die angebotenen Informationen auch den Adressaten erreichen. Sie haben 5.200 Computerarbeitsplätze zu betreuen, 28 Telekommunikationsanlagen mit 12.000 Anschlüssen sowie das größte hauseigene Fernsehnetz Europas. 300 bis 800 Mal täglich klingelt bei ihnen die Rufnummer, über die Hilfe bei Computerproblemen angefordert werden kann.

In der neu geschneiderten Abteilung P ist nun der gesamte Weg der Gesetzgebung zusammengefasst. Die alte Parlamentsabteilung hatte sich mit der Vorbereitung der Plenarsitzungen befasst, zum Beispiel mit der Tagesordnung oder den Drucksachen. Die vorgelagerten Schritte, nämlich die Beratung in den Ausschüssen, machte eine andere Abteilung, die Wissenschaftlichen Dienste. Dort war jedem Bundestagsausschuss auch der jeweils korrespondierende Fachbereich zugeordnet. Während die Ausschusssekretariate in der Abteilung P ganz konkret die Gesetzgebung vorbereiten, dienen die Fachbereiche als wissenschaftliche Dienstleister für den einzelnen Abgeordneten und blieben nach der Reform folglich in ihrer alten Abteilung W.

In der Abteilung P sind außerdem alle Aufgaben zusammengefasst, die sich mit dem einzelnen Abgeordneten und seinem Mandat befassen, zum Beispiel mit seiner Entschädigung und dem Gehalt seiner Mitarbeiter. Auch das heikle Thema Parteienfinanzierung ist in dieser Abteilung zu Hause so wie die Parlamentsärztin.

In der Abteilung W („Wissenschaft und Außenbeziehungen“) sind die von der Ausschussarbeit getrennten elf Fachbereiche übrig geblieben.

Grafik:

Sie sollen für den einzelnen Parlamentarier ein Gegengewicht zum ministeriellen Fachverstand der Regierung schaffen und umfassen jeweils die Zuständigkeitsbereiche mehrerer Bundesministerien.

In dieser Abteilung werden auch die intensiven Beziehungen des Bundestages zu Parlamenten des Auslands unterstützt. Der Sprachendienst stellt Übersetzer und Dolmetscher, eigene Referate bereiten die Auslandsreisen von Abgeordneten oder von Ausschussdelegationen vor, kümmern sich um den Austausch von Mitarbeitern mit anderen Parlamenten und unterstützen junge Demokratien durch zahlreiche Praktikantenprogramme.

Zu den Außenbeziehungen des Bundestages gehören auch die Eingaben von Bürgern. In der dafür zuständigen Unterabteilung „Petitionen und Eingaben“ haben 80 Mitarbeiter jährlich 18.000 Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern zu bearbeiten.

All diese Aufgaben der Parlamentsverwaltung wären nicht zu erfüllen ohne die Abteilung Z, die Zentralabteilung. Sie hat für die vielen im Bundestag arbeitenden Menschen Papier, Bleistifte, Computer und Druckerpatronen einzukaufen, täglich sechs Tonnen Altpapier zu entsorgen, jährlich 2,5 Millionen Briefe und 35.000 Pakete an die richtige Stelle zu schaffen und mit über 400 Reinigungskräften über 5.000 Büros sauber zu halten. Für das alles und noch viel mehr sorgt die Unterabteilung ZT („Technik und Betrieb“).

Von Personal bis Polizei

Um die Mitarbeiter selbst kümmert sich die Unterabteilung ZV, die zwar ihr für „Zentrale Verwaltung“ stehendes Kürzel behalten hat, aber in ihrem Aufgabenbereich auf das Personal konzentriert wurde. Zu ZV gehört auch die parlamentseigene Kindertagesstätte. Dass bei dieser Fülle an Menschen und Aufgaben alles seinen geordneten Gang geht, dafür sorgt das Organisationsreferat.

In der dritten Unterabteilung mit dem Kürzel ZR ist zusammengefasst, was mit dem Recht im engeren Sinne zu tun hat, also der Haushalt, das Justitiariat, die Polizei und der Geheimschutz. Rund 170 eigene Polizeibeamte sorgen in den 22 Gebäuden des Bundestages für die Sicherheit.

Dem Wehrbeauftragten ist eine eigene Verwaltungseinheit zugeordnet, die ihn bei seinen gesetzlichen Aufgaben unterstützt. Eine Sonderrolle spielt auch der Bereich „Presse und Kommunikation“, der beim Bundestagspräsidenten angesiedelt ist. Dazu gehören das klassische Pressereferat, die Parlamentskorrespondenz, die Online-Dienste und das Parlamentsfernsehen sowie ein Referat „Texte, Anfragen“, in dem Redeentwürfe und Antworten auf Briefe von Bürgern erstellt werden.

Ein gutes halbes Jahr haben Präsident Lammert und Organisationsfachleute des Hauses gearbeitet, bis das Puzzle passte. Natürlich stießen die Änderungen nicht bei allen Mitarbeitern auf Begeisterung. Doch haben, so betont Stelzl, die allermeisten eingesehen, dass die Reform der organisatorischen Realität entspricht und die inneren Abläufe verbessert.

Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 6. Juli 2006


Artikelanfang Leserbrief schreiben Druckansicht