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Gastgeber Bundestag

Bild: Jugendmedientage im Bundestag.
Jugendmedientage im Bundestag.

Bild: Marie-Elisabeth Lüders (1878-1966).
Marie-Elisabeth Lüders (1878-1966).

Begegnungen im Parlamentsviertel

Dialog mit der Jugend

In der Wandelhalle des Reichstagsgebäudes macht Susanne Kastner, die eben, um 19.10 Uhr, die Plenarsitzung geschlossen hat, eine kurze Pause. Jetzt hat die Vizepräsidentin des Bundestages einige Minuten Luft für ein Gespräch über ein Vorhaben, das ihr besonders am Herzen liegt. Es geht um die Jugendmedientage im Bundestag, bei denen vom 18. bis 21. Mai 600 junge Journalistinnen und Journalisten mit 150 Referentinnen und Referenten aus Medien, Politik, Kultur und Gesellschaft diskutieren werden. Die deutschen Nachwuchsjournalisten werden auch mit 350 jungen amerikanischen Stipendiaten zusammenkommen, die an diesem Tag im Rahmen des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms (PPP) ebenfalls im Bundestag sein werden.„Fast 1.000 Jugendliche auf der Fraktionsebene, so etwas hat es im Bundestag noch nie gegeben“, meint die Schirmherrin der Jugendmedientage. Mit diesem Ereignis soll einneuer Dialog zwischen Jugend und Politik angestoßen werden. „Wir wollen miteinander diskutieren und nicht übereinander“, sagt Susanne Kastner.

Ansturm zur WM

Viel Aufmerksamkeit wird das Parlament auch während der Fußball-WM auf sich ziehen, wenn in einem stilisierten Nachbau der Reichstagskuppel Besucher aus aller Welt über die Aufgaben und die Arbeit des Bundestages informiert werden. Werner Braun, im Bundestag zuständig für diese „Bundestagsarena“, schaut sich an einem grauen Februarnachmittag die geplante Baustelle zwischen Paul-Löbe-Haus und Kanzleramt an. Er betont, das ehrgeizige Projekt sei notwendig, weil der Ansturm zu den Weltmeisterschaftsspielen die Kapazitäten des Bundestages sprengen werde. Allein der benachbarte Fußballpark erwarte über zwei Millionen Besucher. „Wir wollen aber auch die Fans, die sich nicht nur für Fußball interessieren, offen und gastfreundlich empfangen“, meint Braun. Gerade für jene, die neben dem Fußball etwas über Politik erfahren wollen, möchte man ein interessantes Angebot bereithalten. Einen erheblichen Teil zur Finanzierung sollen private Sponsoren erbringen.

Bildung trifft Politik

Aber schon zu normalen Zeiten sind ständig Gäste im Bundestag. Da verabschiedet sich im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gerade Volker Wagner von einer Besuchergruppe. Der Stadtund Bauhistoriker, der über die stadtgeschichtlichen Grundlagen des Parlamentsviertels promoviert hat, führt auch für den Besucherdienst des Bundestages durch die Parlamentsbauten. Er meint, das Gebäude, das die Bundestagsbibliothek beherbergt, sei seiner Namensgeberin besonders angemessen. Denn sie habe immer die Auffassung vertreten, dass Bildung und Politik zusammengehörten.

Auf der gebogenen Bramante-Treppe des Gebäudes, die nach Donato Bramante, dem ersten Architekten der Hochrenaissance, benannt ist, erzählt Wagner vom Gebäude und der vor 40 Jahren am 23. März 1966 gestorbenen Marie-Elisabeth Lüders. Sie war gemeinsam mit ihrer Freundin Agnes von Harnack erste Studentin an der Berliner Universität, kämpfte später im Reichstag und im Bundestag für die Gleichstellung der Frau. Wagner: „Sie überhörte das Füßescharren ihrer männlichen Kommilitonen in den Hörsälen genauso wie später das Raunen der Abgeordneten im Plenarsaal des Reichstags.“ Sie und ihre Mitstreiterinnen hatten so viel Erfolg, dass einige Männer meinten, einen Verein „zur Bekämpfung der Frauenbewegung“ gründen zu müssen. Der Verein, der „die Frauen wieder zu sich selber führen“ wollte, konnte seine „erhabene Aufgabe aus Mangel an Mitgliedern nicht erfüllen“, habe Lüders später amüsiert festgestellt.

Ausweise für Stammgäste

Eine besondere Art Besucher stellen die Presseleute dar, die regelmäßig oder auch aus besonderem Anlass über den Bundestag berichten. Sie alle müssen zu Heidrun Vogel und Corinna Weber, die in der Wilhelmstraße, unweit der Spree, ihre Arbeit tun. Die beiden sind Mitarbeiterinnen der Parlamentspressestelle und zuständig unter anderem für die Ausgabe der Presseausweise. In den ersten beiden Monaten des Jahres haben sie Hochkonjunktur. Rund 3.000 beim Bundestag akkreditierte Pressevertreter brauchen neue Plastikkarten. Und jeder von ihnen muss aus Sicherheitsgründen persönlich erscheinen. Da kommt es vor, dass ganze Redaktionen schlagartig das Zimmer füllen. Ab und zu müssen Kunden auch wieder weggeschickt werden, wenn sie vergessen haben, ihren Ausweis mitzubringen. Viel Arbeit, aber den beiden macht der Publikumsverkehr Spaß. Besser, als den ganzen Tag Akten zu bearbeiten, meint Corinna Weber, die vorher beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gearbeitet hat. Diese Behörde zog von Berlin nach Bonn um, und der Bundestag war „Tauschbehörde“ für die Mitarbeiter, die an der Spree bleiben wollten.

Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 7. März 2006


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