PLENARDEBATTE ZUR LAGE IM NAHEN OSTEN
Schröder: Wir stehen zu unserer Verantwortung in dieser Region
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Gerhard Schröder (SPD)
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Edmund Stoiber (CDU/CSU)
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Joschka Fischer (B' 90/Grüne)
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Wolfgang Gerhardt (FDP)
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Roland Claus (PDS)
(aw) "Im Nahen Osten steht die Frage einer deutschen Beteiligung an einer internationalen Sicherheitskomponente heute nicht auf der Tagesordnung. Aber wir stehen zu unserer Verantwortung gegenüber dieser Region." Dabei werde man auch in Zukunft von Fall zu Fall über den Umfang einer Beteiligung Deutschlands danach entscheiden, was zu leisten sei und was man sinnvoll und effizient leisten sollte, erklärte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in seiner Regierungserklärung zur Lage im Nahen Osten vor dem Bundestag am 25. April.
Ansporn für eine politische Lösung der Krise im Nahen Osten bietet den Worten des Bundeskanzlers zufolge die Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn. Hier habe die internationale Gemeinschaft – und mitten in ihr Deutschland – unter Führung der UN den Beweis dafür angetreten, dass es ihr gelingt, auch schwierigste Konflikte politisch zu lösen. Schröder trat erneut für das Existenzrecht und die Sicherheit Israels in anerkannten Grenzen ein. Zu einer Lösung gehöre aber auch, dass die Palästinenser als gleich berechtigte Nachbarn und Verhandlungspartner mit Würde und mit Respekt behandelt würden.
Da die Bundesrepublik neben der historischen Verantwortung auch ein Grundkonsens über die Werte, die eine Demokratie ausmachen, mit Israel verbinde, werde sie keine Embargo- oder Boykottmaßnahmen gegen Israel beschließen, mittragen oder gar selbst verhängen.
"Vor dem Hintergrund unserer Geschichte wird es im Nahostkonflikt einen Einsatz deutscher Soldaten – selbst unter UNO-Mandat – mit unserer Zustimmung nicht geben." Dies wäre, so der bayrische Ministerpräsident, Edmund Stoiber (CDU/CSU), ein "Irrweg" und bezeichne einen grundlegenden Unterschied zwischen Bundesregierung und Opposition, wenn es um einen deutschen Friedensbeitrag im Nahen Osten gehe. Auch wenn heute das Verhältnis Deutschlands zu Israel gut und freundschaftlich sei, werde es angesichts der Opfer des Holocausts immer ein besonderes Verhältnis sein. Des Weiteren vertrat Stoiber die Auffassung, dass in Europa künftig ein höheres Maß an Zuständigkeit für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union vorhanden sein müsse.
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) rekurrierte auf sein Ideenpapier, das er in die EU eingebracht habe. Es benenne die Elemente, um den Friedensprozess im Nahen Osten wieder in Gang zu bringen: den Gewaltverzicht beider Konfliktparteien, die Schaffung zweier Staaten, einen Wegeplan mit konkreten Schritten für den Friedensprozess, einen für beide Seiten verbindlichen Zeitplan sowie eine starke dritte Partei, die eine Umsetzung der vereinbarten Ziele überprüfe. Auch müsse ein Trennungsprozess zwischen Israelis und Palästinensern den Beginn eines politischen Prozesses einleiten, in dessen Zuge nicht ein dauerhafter Status festgeschrieben werde, wohl aber Sicherheit und Entzerrung der Konfliktparteien.
Wolfgang Gerhardt (FDP) unterstrich den außenpolitischen Konsens der Parteien bei der Lösung des Nahostkonfliktes. Klar sei auch, dass am Ende zwei Staaten friedlich nebeneinander leben müssen. "Die Kernfrage ist, ob die Führungen dort die Courage haben, ihren jeweiligen Gesellschaften die Tabuschwellen zu nehmen und ihnen etwas zuzumuten." Deshalb müsse man der palästinensischen Seite auch sagen, kein Widerstandsrecht der Welt legitimiere Menschen, Selbstmordattentäter auf die Straße zu schicken, um auf diese Weise für sein Recht zu kämpfen, mahnte Gerhardt.
Wenngleich Roland Claus (PDS) zufolge der Bundeskanzler viele zustimmungsfähige Aussagen getroffen habe, so sei er doch eine Antwort auf einen hinreichenden Beitrag zur Konfliktlösung schuldig geblieben. "Hier wird – ich finde, zu Recht – oftmals eine starke dritte Kraft eingefordert. Das sind Sie uns in Ihrer Erklärung schuldig geblieben", sagte Claus (Anträge zur Nahostdebatte siehe Seite 31).