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Nr. 38 / 13.09.2004
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Pressekooperationen bei Anzeigen zulassen

Regierung will Kartellgesetz ändern

Wirtschaft und Arbeit. Die Bundesregierung will Anzeigenkooperationen von Presseunternehmen vom Kartellverbot freistellen. Dieses Vorhaben ist Teil des Entwurfs zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (15/3640), den der Bundestag am 10. September zur Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit überwiesen hat. Mit dem Gesetz soll das deutsche Wettbewerbsrecht an Vorgaben der Europäischen Union angepasst werden. Auch soll der Zusammenschluss von Zeitungen und Zeitungsverlagen ermöglicht werden, selbst wenn dieser zu einer marktbeherrschenden Stellung führt. Voraussetzung dafür soll sein, dass die beteiligten Zeitungen langfristig als publizistische Einheiten erhalten bleiben. Damit will die Regierung nach eigenen Angaben die vielfältige deutsche Presselandschaft unter veränderten wirtschaftlichen Bedingungen und trotz der neuen Konkurrenz anderer Medien erhalten.

In begrenztem Umfang sollen Zusammenschlüsse von Presseunternehmen mit Wettbewerbern ohne fusionskontrollrechtliche Prüfung möglich werden. Änderungen der Schwellenwerte würden es kleinen und mittleren Verlagen erleichtern, so die Regierung, bei der Suche nach Nachfolgern den Marktwert ihres Verlages zu erzielen. Durch die Erhöhung der so genannten Aufgreifschwelle von 25 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro würden gegenüber dem Status quo rund 50 Zeitungsverlage (ohne Anzeigenblätter) zusätzlich kontrollfrei fusionieren können. Durch die Einführung einer Bagatellklausel in Höhe von 2 Millionen Euro könnten zudem etwa 30 selbstständige Zeitungsverlage kontrollfrei aufgekauft werden.

Option für Zusammenschluss

Um Zusammenschlüsse auch oberhalb dieser Schwellenwerte in Einzelfällen zu ermöglichen, sei eine zusätzliche Option für Zeitungsverlage vorgesehen. Danach können sich diese trotz einer marktbeherrschenden Stellung zusammenschließen, wenn sie freiwillig eine Einschränkung ihrer verlegerischen Dispositionsfreiheit akzeptieren. Voraussetzung dafür ist laut Regierung, dass die beteiligten Zeitungen langfristig als eigenständige redaktionelle Einheiten erhalten bleiben. Dies soll dann der Fall sein, wenn der Altverleger (oder unabhängige Dritte) mehr als 25 Prozent der Kapital- und Stimmrechte hält, die Titelrechte besitzt und Mitbestimmungs- und Vetorechte für Entscheidungen hat, die wesentlich dafür sind, die erworbene Zeitung als eigenständige redaktionelle Einheit zu erhalten.

Zu solchen Entscheidungen zählten vor allem die Änderung der redaktionellen Grundhaltung der erworbenen Zeitung, die Bestellung oder Abberufung der Mitglieder der Chefredaktion und die Einstellung der beteiligten Zeitungen und ihrer redaktionellen Ausgaben. Damit die beteiligten Zeitungen nicht mit kurz-fristigem gegenseitigem Einverständnis eingestellt werden, müsse das Bundeskartellamt die Übereinstimmung der Einstellung mit den getroffenen Vereinbarungen und damit auch deren Einhaltung prüfen. Die Option solle aber nur bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Aussicht auf Besserung ergriffen werden können. Wirtschaftliche Schwierigkeiten seien dann zu vermuten, wenn in den letzten drei Geschäftsjahren die Anzeigen- und Beilagenerlöse der erworbenen oder der erwerbenden Zeitung rückläufig oder unterdurchschnittlich waren.

Darüber hinaus ist in dem Entwurf vorgesehen, die Zuständigkeitsverteilung zwischen Landeskartellbehörden und Bundeskartellamt flexibler zu gestalten und die Position der Landeskartellbehörden zu stärken. Ferner umfasst die Novelle verfahrensrechtliche Änderungen bei der Zusammenschlusskontrolle. Schwerpunkt ist dabei eine Einschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Freigaben des Bundeskartellamtes oder Erlaubnisse des Bundeswirtschaftsministers. Verschärft werden soll der Bußgeldrahmen.

Ebenso ist geplant, die bisherige Mehrerlösabschöpfung durch die Kartellbehörde dahingehend zu erweitern, dass ein Verstoß gegen das Kartellrecht mit einer Abschöpfung des seither erlangten wirtschaftlichen Vorteils geahndet werden kann. Wie die Regierung feststellt, ergibt sich durch die Anpassung des deutschen an das europäische Wettbewerbsrecht für die Unternehmen ein größerer Freiraum, aber auch eine höhere Eigenverantwortung. vom


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