Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 52-53 / 20.12.2004
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wol/mik

Fraktionen kritisieren Vorgehen Schilys

Verlagerung der Birthler-Behörde

Inneres/Haushalt. Abgeordnete aus allen Fraktionen haben am 15. Dezember im Innen- sowie im Haushaltsausschuss das Bundesinnenministerium zum Teil heftig für das Verfahren kritisiert, auf Grund dessen künftig die Zuständigkeit über die Stiftung Aufklärung sowie über die Stasiunterlagenbehörde ab 1. Januar 2005 der Beauftragen der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstellt sein wird.

Kritik wurde im Innenausschuss auch an Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) wegen Nichtbeteiligung und Nichtachtung des Parlaments in dieser Frage geübt. Dabei bezogen sich die Abgeordneten wiederholt auf den Paragrafen 35 des Stasiunterlagengesetzes, wonach die so genannte Birthler-Behörde entsprechend einem Beschluss des Bundestages beim Bundesinnenministerium angesiedelt ist.

Dies machte auch die FDP geltend, die in einem Antrag einen persönlichen Bericht des Ministers im Innenausschuss gefordert hatte, dem dieser nachkam. Die Union unterstrich bei ihrer Kritik auch die "Gutsherrenart", mit der der Innenminister sein Verfahren durchgeführt habe. Sie verlangte Respekt vor dem Parlament und regte dringend an, die Umorganisation zunächst nicht durchzuführen, sondern noch einmal eingehend zu prüfen.

Die SPD erklärte, man sei durchaus in der Lage, Inhalt und Verfahren eines Vorgangs zu trennen, das Vorgehen sei dennoch "schärfstens zu verurteilen".

Bündnis 90/Die Grünen sprachen ironisch davon, dem Bundesinnenminister sei es hervorragend gelungen, ein Zerreden über beabsichtigte Veränderungen zu verhindern. Schwerwiegende Probleme durch die neue Lage sehe man freilich nicht, da die Stasiunterlagenbehörde als unabhängige Einrichtung unverändert bleibe und lediglich die Dienstaufsicht wechsle.

Schily erwiderte, er bedauere eine zum Teil beachtliche Rechtsunkenntnis der Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen. Entscheidungen dieser Art oblägen allein dem Bundeskanzler. Eine Neuordnung der Regierungsbehörden sei daher auch innerhalb einer Legislaturperiode legitim und möglich. Einer Änderung der Rechtsvorschriften bedürfe es dazu nicht. Der Minister zitierte, "wenn eine Behörde des Bundes vom Zuständigkeitsbereich einer obersten Bundesbehörde überführt wird, so gehen auch die Befugnisse auf die andere, neue oberste Bundesbehörde über".

Im Haushaltsausschuss kritisierten alle Fraktionen, dass während den Etatberatungen zum Haushalt 2005, die am 26. November abgeschlossen wurden, kein Abgeordneter über den Schily-Plan informiert worden sei. Die SPD zeigte sich "schwer enttäuscht" und die Bündnisgrünen hielt dies für einen "ungeheuerlichen" Vorgang. Die Union meinte, es sei unklug gewesen, dass Parlament nicht vorher zu informieren und die Regierung tue gut daran, das "nicht noch einmal zu machen". Trotzdem fand ein von der FDP initiierter Antrag der Opposition keine Mehrheit, in dem die Informationspolitik der Regierung missbilligt wird. Die Koalition hielt den Antrag nach ihren eigenen "klaren Aussagen" für erledigt. Sie forderte die Regierung jedoch auf, "unverzüglich" ihre Rechtsauffassung schriftlich dem Ausschuss vorzulegen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.