Petitionsausschuss
Einführung in das Petitionsrecht
Eine wesentliche Funktion der unser heutiges Staatswesen charakterisierenden parlamentarischen Demokratie ist es, durch ihre Organe und Institutionen den Bürgerinnen und Bürgern zu Recht zu verhelfen, Unrecht zu verhindern, beziehungsweise bestehendes zu beseitigen. Mit den Herrschaftsformen, die der Demokratie vorausgingen, hat sie nahezu nichts gemein. An die Stelle der auf Gottesgnadentum gegründeten Macht der Kaiser und Könige trat der aus regelmäßig wiederkehrenden, freien Wahlen hervorgehende Volkssouverän, das Parlament. Urteile der Rechtsprechung ergehen nicht im Namen eines Herrschers, sondern "im Namen des Volkes". Früher willkürlich gewährte Rechte werden seit nunmehr 50 Jahren verfassungsmäßig garantiert. Wer in einem demokratischen Rechtsstaat Verantwortung trägt, ist der Kontrolle durch andere Staatsorgane unterworfen. Die drei Staatsgewalten Parlament (Legislative), Regierung (Exekutive) und Rechtsprechung (Judikative) bilden den Dreiklang, der den Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik Deutschland die Wahrung ihrer Rechte sichert. Als eines der altüberlieferten klassischen Grundrechte kommt dem Petitionsrecht die Bedeutung zu, den Bürgerinnen und Bürgern außerhalb des gerichtlichen Verfahrens einen weitgehend form- und kostenlosen Rechtsbehelf an die Hand zu geben.
Wie entwickelte sich das Petitionsrecht in Deutschland?
Schon zur Zeit der Stände-Versammlungen (noch vor der französischen Revolution im Jahre 1789) begann sich in Deutschland das Recht herauszubilden, den Bürgerinnen und Bürgern einzeln oder in Gruppen die Möglichkeit zu eröffnen, sich direkt an Volksvertreter zu wenden.
- Das Allgemeine Preußische Landrecht von 1794 gilt als eine der ersten normativen Grundlagen für die Einreichung von Gesuchen. Jedem sollte es frei stehen, Zweifel, Einwendungen und Bedenklichkeiten gegen Gesetze und andere Anordnungen im Staate vorzubringen (§ 156 Abs. II Zi. 20).
- Als um 1815 in Süddeutschland neue Verfassungen entstanden, fand in sie vereinzelt das Recht Eingang, die Stände anrufen zu können. Diese wiederum konnten ihrerseits an den Monarchen herantreten.
- Den Bundestag des Deutschen Bundes (1815 bis 1866) konnten Bürgerinnen und Bürger allerdings nur bemühen, wenn ihre Eingaben keine öffentlichen, sondern private Probleme betrafen.
- 1820 bis 1830 befaßten sich süddeutsche Stände-Versammlungen regelmäßig mit Petitionen. Die Praxis der preußischen Provinzialstände dagegen ging nicht so weit.
- 1848 legte dann die Nationalversammlung in der Frankfurter
Paulskirche den Grundstein für das heute geltende
Eingabenrecht. Paragraph 159 der Paulskirchenverfassung sah vor,
dass jeder Deutsche das Recht haben sollte, sich mit Bitten und
Beschwerden schriftlich an die Behörden, an die
Volksvertretungen und an den Reichstag zu wenden.
Dieses Recht wurde durch Verfahrensvorschriften unterstrichen, die sich in den §§ 45 folgende der Geschäftsordnung der Nationalversammlung von 1848 niederschlugen. - Im Deutschen Reich von 1871 wurde unter Bismarck das Petitionsrecht zwar nicht ausdrücklich in der Verfassung erwähnt, war aber praktisch anerkannt. Der Reichstag konnte an ihn gerichtete Petitionen "dem Bundesrate respektive Reichskanzler überweisen".
- Die Weimarer Verfassung von 1919 verankerte das Petitionsrecht in Artikel 126 als Grundrecht. Es galt nur für Deutsche; für Soldaten enthielt es bestimmte Einschränkungen.
- Unter Hitler, nach 1933, wurde das Eingabenrecht abgeschafft. Petenten drohte gerichtliche Verfolgung. NS-Juristen schlugen sogar vor, hartnäckige Beschwerdeführer als Querulanten anzuprangern.
- 1949 stellte der Parlamentarische Rat das Petitionsrecht wieder
her und erhob es zudem zu einem Grundrecht. Artikel 17 des
Grundgesetzes bestimmt:
"Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden." - 1975 schließlich wurde das Eingabenrecht noch
stärker untermauert. Der Petitionsausschuss, dessen Arbeit bis
dahin nur in der Geschäftsordnung erwähnt war, erhielt
einen festen Platz in der Verfassung. In das Grundgesetz wurde der
Artikel 45c eingefügt:
(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuss, dem die Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von Beschwerden regelt ein Bundesgesetz."