Geplante Übertragung des ERP-Vermögens auf die KfW erörtert
Berlin: (hib/VOM) Die geplante Übertragung des ERP-Sondervermögens (European Recovery Program) an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beschäftigt Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit am heutigen Montag ab 15 Uhr. Das ERP-Vermögen geht auf die Wiederaufbauhilfe der Nachkriegszeit durch den Marshallplan der USA zurück. Mit ERP-Mitteln wurde der deutsche Wiederaufbau gefördert und werden heute noch zinsverbilligte Kredite zur Wirtschaftförderung sowie Stipendien vergeben.
Die KfW bezieht sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme auf den Kabinettsbeschluss der Bundesregierung, wonach die aus dem ERP-Sondervermögen finanzierte Wirtschaftsförderung neu geordnet werden solle. Zweck der Übertragung des Vermögens auf die KfW sei es, Synergieeffekte zu nutzten und dringend benötigte Mittel für den Bundeshaushalt in Höhe von 2 Milliarden Euro freizusetzen. Dabei bleibe die bisherige ERP-Wirtschaftsförderung in Volumen und Intensität gesichert; die bisherigen Förderprogramme würden fortgesetzt. Die KfW stellt fest, dass die Übertragung die bisherige Förderung nicht einschränken und auch nicht zu einem "echten" Substanzverlust führen würde. Auswirkungen auf den Wettbewerb im Bankensektor ergäben sich nicht. Für die Inanspruchnahme der Kapitalmärkte hätte die Übertragung keine Bedeutung. Die KfW sei angesichts ihrer jahrzehntelangen Erfahrung bei der Wirtschaftsförderung schon heute ein "Garant für die effiziente Durchführung" der Förderprogramme, heißt es. Sie werde dem Bund auch künftig ihre Erfahrung auf der Refinanzierungsseite zur Verfügung stellen.
Dagegen hält der Bundesverband Deutscher Banken die Übertragung für nicht erforderlich, um der KfW zusätzlichen Spielraum für ihre Förderaufgaben zu geben. Zu prüfen wäre, heißt es in der Stellungnahme, ob eine optimierte Vermögensverwaltung nicht besser durch eine Übertragung auf ein Finanzunternehmen gewährleistet werden könnte. In diesem Falle würde sich anbieten, die Verwaltung des ERP-Vermögens öffentlich auszuschreiben und dem Anbieter den Zuschlag zu geben, der im Hinblick auf Bonität und Ertrag das günstigste Angebot unterbreitet. Würde ein Finanzunternehmen das Vermögen verwalten, wären dann die Erträge an die KfW abzuführen, die sie für Förderaufgaben einsetzt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag vermutet, dass die Übertragung vom "starken Motiv" des Bundesfinanzministeriums geleitet ist, auch künftig auf die KfW als Financier in der Haushaltsnot zurückgreifen zu können. Das Effizienzargument der Regierung sei nicht stichhaltig. Das operative Fördergeschäft werde ohnehin längst von der KfW im Auftrag und gegen Entgelt vorgenommen. Daher stelle sich die Frage, wo Einsparpotenziale erschlossen und zusätzliche Synergieeffekte genutzt werden sollen.
Professor Christian Waldhoff von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn stellt die Frage nach einem "demokratischen Defizit" aufgrund einer Übertragung an die KfW. Die "Entpolitisierung" und "Entparlamentarisierung" der Verwaltung des Vermögens könnte zu einer Situation führen, in der die politische und rechtliche Verantwortung des Bundes gegenüber den USA als ursprünglichem Spenderland nicht mehr wahrgenommen wird. In dem Abkommen mit den USA aus dem Jahr 1949 gebe es einen Artikel über die Unterrichtung der Öffentlichkeit und deren Bedeutung. Die Einwirkungsmöglichkeiten seien "eher begrenzt", so Waldhoff. Der Verwaltungsrat sei politisch nicht unmittelbar steuerbar. Der Bund würde auf Einwirkungsmöglichkeiten verzichten, wenn es zur Übertragung kommt. Waldhoffs Kollege Andreas Pfingsten vom Institut für Kreditwesen der Universität Münster hält Effizienzgewinne für denkbar. Mit Blick auf die Einflussnahme auf die Förderpolitik und Risiken der Kapitalanlage würde er eine Fremdkapitalfinanzierung aus Sicht des ERP-Vermögens vorziehen. Bei einer geeigneten Umsetzung der Übertragung muss sich nach Ansicht Pfingstens der Einfluss des Gesetzgebers auf die Förderpolitik nicht verringern.