"Allianz für die Familie"
Investitionen in Familienfreundlichkeit bringen Rendite. Gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und klein- und mittelständischen Unternehmen hat die Prognos AG im Auftrag des Bundesfamilienministeriums Berechnungen vorgelegt, die erstmalig die positive Kosten-Nutzen-Rechnung für familienfreundliche Unternehmenspolitik aufzeigen. Was Bundesfamilienministerin Renate Schmidt und DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun Anfang Juni als ein positives Ergebnis in der Zwischenbilanz der "Allianz für die Familie" präsentierten, hört sich für deutsche Ohren zwar immer noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig an: Rendite im Zusammenhang mit Familie.
Doch was genau damit gemeint ist, bringt die Leitidee für die neuartige Familienpolitik der "Allianz für Familie" auf den Punkt: "Familie bringt Gewinn" - und zwar für alle. Renate Schmidt erläutert das Anliegen so: "Mit der Allianz für die Familie hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Engagement für ein kinder- und familienfreundliches Deutschland nicht nur aus sozialpolitischen Gründen, sondern auch aus ökonomischen Gründen dringend geboten ist." Die Trendumkehr zur Familienfreundlichkeit ist auch eine Reaktion auf die Berechnungen der OECD, wonach die Wachstumsrate innerhalb der EU bereits im Jahr 2020 auf weniger als ein Prozent sinkt, wenn sich die Bevölkerungsstatistik weiter so entwickelt. Weniger Kinder bedeuten weniger Wachstum, weniger Familien bedeuten weniger Kaufkraft.
Braun verwies in seiner Bilanz ein Jahr nach der Gründung der Allianz darauf, dass Familienfreundlichkeit viele Facetten habe. "Sie beginnt in der unmittelbaren Nachbarschaft und im einzelnen Betrieb. Sie erstreckt sich aber auch über die Regionen in unserem Land." Deshalb haben die Industrie- und Handelskammern mit ihrer regionalen Vernetzung ideale Voraussetzungen, Familienfreundlichkeit zu fördern. Mehr als die Hälfte aller Industrie- und Handelskammern engagierten sich bereits heute mit vielfältigen Aktivitäten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und die Tendenz sei steigend.
Die breit angelegte Kooperation von Politik und Wirtschaft will eine familienfreundliche Arbeitswelt und Unternehmenskultur in Deutschland schaffen, um einer Zukunft mit mehr Kindern Raum zu geben. Schlüssel für mehr Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt sei eine kreative Zeitpolitik. Auch das ist ein Ergebnis der Zwischenbilanz nach einem Jahr. Und hier gibt es offenbar noch einiges zu tun: Beschäftigte wünschen sich noch mehr Engagement der Arbeitgeber auf diesem Feld, wie eine repräsentativ angelegte Unternehmensbefragung zutage förderte.
Die Familienministerin hat jedenfalls nicht vor, in ihrem Bemühen für die Familien nachzulassen. Zentrale Vorhaben der Allianz bis Mitte 2005 sind unter anderem: Mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) soll noch 2004 ein zweites Prognos-Gutachten zu den spezifischen Möglichkeiten für Familienfreundlichkeit in Handwerksbetrieben vorgelegt werden. Die Erkenntnisse sollen in Anschlussprojekten gemeinsam umgesetzt werden. Die Bertelsmann-Stiftung wird sich um den Aufbau eines Unternehmensnetzwerkes für klein- und mittelständische Unternehmen kümmern.
DDas Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) und das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) erarbeiten bis zum Herbst Vorschläge, wie Tarifvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen stärker genutzt und optimiert werden können. Mit weiteren Partnern wie dem Bundesverband Deutscher Industrie (BDI), dem Bundesverband Deutscher Banken, den Wirtschaftsjunioren, der Deutschen Gesellschaft für Personalführung, der Hans Böckler Stiftung und der Gemeinnützigen Hertie Stiftung sind gemeinsame Veranstaltungen, Veröffentlichungen und Projekte verabredet.
Das Buch zur "Allianz für die Familie" mit dem Titel "Familie bringt Gewinn", herausgegeben von Renate Schmidt und Liz Mohn im Verlag Bertelsmann Stiftung, wirbt dafür, den "ökonomischen Charme" und den "gesellschaftlichen Wert" der Familie gleichermaßen wahrzunehmen. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Jutta Limbach und Jürgen Kluge legen aus verschiedenen Perspektiven mit Beispielen aus der täglichen Praxis in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft dar, dass eine bessere Balance von Familie und Arbeitswelt Voraussetzung für einen wettbewerbsfähigen Standort Deutschland ist. Ines Gollnick