Die Schaltstellen im Parlament neu besetzt
Während die Liberalen (LIB) immerhin noch drei Präsidenten stellen dürfen, wurden die Vereinigte Linke (VEL) ebenso mit nur einem Vorsitz abgespeist, wie die Gruppe Europa der Nationen (EdN). Ganz leer gingen die unter der Bezeichnung Unabhängige Demokraten (DU) firmierenden Europagegner und die Grünen aus, wobei letztere aber wenigstens noch den Vorsitz im Unterausschuss für Menschenrechte erhielten.
Auffällig ist, dass sich das Bündnis von EVP und SPE nahezu alle Ausschüsse sicherte, die sich im weiteren Sinne mit Wirtschaftsfragen befassen. Nur die Liberalen dürfen mit den Bereichen Verkehr und Fischerei etwas mitreden. Von diesem 13 Ausschüsse umfassenden ökonomischen Sektor sollen nach Auffassung der beiden Fraktionsvorsitzenden Pöttering und Schulz vom Parlament in den nächsten Jahren entscheidende Impulse für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ausgehen. Die Entwicklungspolitik spielt in diesem Denken offenbar keine Rolle, sie wurde der VEL überlassen.
Interessant ist dabei, dass die EVP mit Karl-Heinz Florenz das in Zukunft vom Verbraucherschutz getrennte Umweltressort übernahm. Damit soll verhindert werden, dass durch unangemessene Umweltbürokratie der Wirtschaft unnötige Kosten aufgehalst werden, wie Florenz erklärte. An den hohen Umweltstandards wolle man aber nicht rütteln. Die Besetzung und Neuausrichtung dieser Schlüsselposition richtete sich gegen die bisherige strikte Kommissionspolitik unter der Schwedin Wallström.
Der Verbraucherschutz wurde neu dem Binnenmarktsbereich angegliedert, in dem der Labourabgeordnete Phillip Whitehead präsidiert. Doch in Zukunft werden Florenz und Whitehead entsprechende Kontrahenten ohnehin fehlen, denn für Umwelt wird in der Kommission nun der Grieche Damos zuständig sein, und für Verbraucherschutz Kyprianou aus Zypern.
Einen ersten Riss trug die strategisch angelegte Zusammenarbeit von EVP und SPE schon bei der Benennung der Nachfolgerin der deutschen Vorsitzenden Randzio-Plath im Wirtschafts- und Währungsausschuss davon. Die ursprünglich angesetzte Wahl musste in letzter Minute verschoben werden, weil die gesamte Konstruktion der Absprachen zusammenzubrechen drohte.
Entgegen dem Willen der Fraktionsspitzen hatten Abgeordnete von SPE, Liberalen, VEL und den Grünen die Wahl der Slowakin Anna Zaborska von der EVP als Präsidentin im Frauen- und Gleichstellungsausschuss boykottiert. Daraufhin drohte die EVP ihrerseits, die Französin Pervenche Beres als SPE-Kandidatin für den Wirtschaftsausschuss abzulehnen. Erst nach einem Machtwort ihrer Führungsspitzen gelang die planmäßige Besetzung dieser Komitees im zweiten Wahlgang.
Doch glücklich sind die Christdemokraten und Konservativen mit dieser Personalentscheidung keinesfalls. Denn die zum linken Spektrum ihrer Partei zugerechnete Französin ist Anhängerin der von der konservativen Regierung in Paris verfochtenen Idee einer europäischen Wirtschaftsregierung, mit der ein Gegengewicht zu der allein auf Währungsstabilität ausgerichteten Europäischen Zentralbank geschaffen werden soll. Beres geht sogar noch einen Schritt weiter, sie möchte die Zuständigkeit der Wirtschaftsregierung auch auf die Sozial- und Steuerpolitik ausdehnen.
Einer der wenigen Abgeordneten, die ihren Vorsitz unangefochten verteidigen konnten, ist der Deutsche Elmar Brok (EVP), der weiterhin den Auswärtigen Ausschuss präsidiert. Die weiteren von Deutschen geleiteten Gremien sind der Ausschuss für konstitutionelle Angelegenheiten (Jo Leinen, SPE) und der Unterausschuss für Sicherheit und Verteidigung (Karl von Wogau, EVP).