Wissenschaftler aus Drittstaaten sollen bessere Bedingungen erhalten / Von Hartmut Hausmann
Ein entsprechendes, von der EU-Kommission vorgeschlagenes Maßnahmenpaket aus einer Richtlinie und zwei Empfehlungen wurde vom Europäischen Parlament in erster Lesung beraten. Weil hochqualifizierte Forscher fehlen, soll Wissenschaftlern aus Drittstaaten sowohl bei der Arbeitsgenehmigungen als auch bei der Einreise von Familienangehörigen geholfen werden. Eine Vereinfachung ist auch bei der Erteilung von Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt vorgesehen. Forschern soll so eine Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen oder Konferenzen in Europa ohne bürokratische Hindernisse ermöglicht werden.
Die Kommission sieht vor, dass die Bedingungen für die Zulassung eines Forschers aus einem Drittstaat durch die Vereinbarung mit einer Forschungseinrichtung geregelt werden sollen. Das Parlament hält hingegen eine breiter angelegte Lösung für angemessen. Dabei sollen die Bedingungen gleichzeitig für mehrere Forschungsstellen geregelt werden. Die EU soll auf diese Weise als ein gemeinsamer Forschungsraum wahrgenommen werden.
Während die Kommission für die Gastforscher eine unbefristete Zulassung vorschlägt, halten die Abgeordneten eine Überprüfung von jeweils fünf Jahren für sinnvoll. Nach dem Willen des Parlaments soll eine Forschungseinrichtung sogar für die aus öffentlichen Mitteln aufgebrachten Aufenthalts- und möglicherweise Rückführungskosten haftbar gemacht werden können, falls ein Forscher unberechtigt länger in Europa bleibt.
Da die Mobilitätsbereitschaft von Forschern oft auch von der familiären Situation abhängt, möchte das Parlament die Einreise von Familienangehörigen erleichtern. Das Aufenthaltsrecht von Angehörigen soll daher genauso lange gültig bleiben wie das des Forschers selbst. Zusätzlich soll die Bewegungsfreiheit ausländischer Forscher zwischen den EU-Staaten erleichtert werden.
Nach Analysen von EU und OECD ist Europa ohne den Zuzug von wissenschaftlichen Fachkräften aus Drittländern besonders im Forschungsbereich nicht in der Lage, seine wirtschaftliche Zukunft sichern. Allein in Deutschland ist jede fünfte Ingenieursstelle nicht mehr mit Inländern zu besetzen. Damit ist die Union von ihrem in Barcelona 2002 gesteckten Ziel, drei Prozent des Bruttosozialprodukts für Forschung und technologische Entwicklung aufzuwenden, weit entfernt. Auch die beim Frühjahrsgipfel der EU in Brüssel neu belebte Strategie von Lissabon zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Europas hat sich die Forschung auf ihre Fahnen geschrieben. Nach Schätzungen muss die EU 700.000 Forscher rekrutieren, wenn sie ihre Vorhaben wie geplant bis 2010 verwirklichen will.
Das neue, siebte Forschungsrahmenprogramm mit einer Laufzeit von 2007 bis 2013 soll ein Finanzvolumen von 73,3 Milliarden Euro erhalten. Der Schwerpunkt der Förderung liegt mit 21 Milliarden Euro im Bereich Kommunikationstechniken und Gesundheitsforschung. Mit der Erhöhung des Forschungsetats hofft die EU auch eigene Forscher von der immer noch erheblichen Abwanderung nach Übersee, vor allem in die Vereinigten Staaten, abhalten zu können und so Europa auch für Forscher aus diesen Ländern attraktiver zu machen.
Die Beratung dieses Forschungsrahmenprogramms wird zugleich zu einer Frage der Glaubwürdigkeit: sie wird ein Prüfstein dafür, wie ernst die Mitgliedstaaten ihre jüngsten Gipfelbeschlüsse nehmen. Vor allem jene Länder, die einerseits die Haushaltsmittel der EU senken wollen, Einsparungen bei den Agrarsubventionen und Strukturfondshilfen aber nicht hinnehmen möchten. Auch sie werden zeigen müssen, dass ihre Bemühungen für einen europäischen Forschungsraum mehr als nur Lippenbekenntnisse sind.