EU-Kommissar Louis Michel im Ausschuss
Entwicklungszusammenarbeit. Die Europäische Union (EU) wird ihr gemeinsames Ziel einer Entwick-lungshilfequote von 0,39 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vermutlich erreichen, wenn nicht überschreiten. Dies setze aber voraus, dass Länder wie Deutschland, die noch unter dem EU-Durchschnitt liegen, ihre individuelle Quote auf die vereinbarten
0,33 Prozent erhöhen, machte Louis Michel, EU-Kommisaar für Entwicklung und Humanitäre Hilfe, am 13. April im Fachausschuss deutlich.
Michel sprach sich des Weiteren dafür aus, die EU müsse den seit 2002 eingeschlagenen Weg einer konstanten Erhöhung der Entwicklungshilfe-Budgets fortsetzen. Sein Vorschlag sei, dass sich die EU für 2010 ein neues Etappenziel setze: Jeder der 15 alten Mitgliedstaaten solle mindestens 0,51 Prozent seines BIP für Entwicklungszusammenarbeit in den Haushalt einstellen. Dies, so gab sich der ehemalige belgische Außenminister überzeugt, würde die notwendige Dynamik schaffen, damit die EU bis zum Jahr 2015 die 0,7 Prozent erreichen kann. Eine "faire Lastenteilung" erfordere es auch, dass die zehn neuen Mitgliedstaaten ebenfalls ihren Beitrag leisteten. Diese sollten bis 2010 0,17 und bis 2015 0,33 Prozent ihres BIP bereitstellen.
Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssten "an einem Strang ziehen". Dies könne nur gelingen, wenn die EU-Politik auch die Unterstützung der nationalen Parlamente hat.
Die EU sei größter Geber mit 55 Prozent des weltweiten Hilfevolumens. Es dürfe keine Konkurrenz zwischen bilateraler und europäischer Hilfe geben, so Michel weiter. Man müsse vielmehr die Kräfte Europas auch in der Entwicklungspolitik bündeln, so wie dies in anderen Bereichen - etwa Handel oder Umwelt - bereits der Fall sei. Damit sei keine Zentralisierung gemeint, sondern eine bessere Arbeitsteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen gemeinsam festgelegter politischer Ziele, Strategien und Prioritäten.
Der belgische EU-Kommissar sprach sich darüber hinaus dafür aus, Afrika zu einem Schwerpunkt der Entwicklungsfinanzierung zu machen. Ein erheblicher Teil der künftigen Mittelsteigerung müsse dafür bereitgestellt werden.
Die SPD begrüßte den Besuch Michels in einer Phase, in der die Neuausrichtung der EU-Entwicklungszusammenarbeitspolitik vom deutschen Parlament abschließend beraten werde. Es sei oft nicht erkennbar, wo die Gelder der EU tatsächlich hingingen, kritisierten die Sozialdemokraten. Eine Bündelung von Maßnahmen auf europäischer Ebene sei deswegen dringend erforderlich.
Zustimmung fand bei den Sozialdemokraten die von Michel geforderte Erhöhung der Haushaltsmittel für Entwicklungszusammenarbeit. Es gebe da einen "absoluten Nachholbedarf". Die Deutschen könnten sich nicht auf den erreichten 0,28 Prozent des BIP "ausruhen", mahnten sie.
Die CDU/CSU kritisierte, die Arbeitsteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten der EU "funktioniert bisher überhaupt nicht". Zudem war sie der Auffassung, mehr Geld für Afrika sei nicht die sachgerechte Lösung. Ein besseres Zusammenwirken von Außen- und Entwicklungspolitik sei gefordert, so die Union.
Bündnis 90/Die Grünen sprachen sich unter anderem dafür aus, die durch die Änderung der Zuckermarktordnung frei werdenden Mittel für die Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks einzusetzen. Die FDP betonte, sie sei skeptisch gegenüber der Erhöhung der Entwicklungsfinanzierung auf 0,51 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sie begründete dies damit, die Erhöhung könne nur über Schulden finanziert werden, was aufgrund der als desaströs bezeichneten Haushaltslage Deutschlands inakzeptabel sei.