Aussprache im Umweltausschuss
Umwelt. "Wir müssen bei der Diskussion zur Lösung der Feinstaub-Problematik zur Sachlichkeit zurückkehren", mahnte der bayerische Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, Werner Schnappauf (CSU), in der Sitzung des Umweltausschusses am 13. April. Schnappauf war mit Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen), der nordrhein-westfälischen Landesministerin für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen), und dem Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA), Professor Andreas Troge, einer Einladung des Fachausschusses gefolgt, über den Sachstand zur Umsetzung der EU-Richtlinie vom April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stick-stoffoxide, Partikel und Blei in Deutschland zu informieren.
Der bayerische Staatsminister sprach dabei das Dilemma der Kommunen am Beispiel Münchens an, wo etwa die Hälfte der Feinstaub-Belastung von außen komme. Lokale Probleme seien also nur durch überörtliche Regelungen zu lösen. Hinsichtlich der finanziellen Fragen betonte Schnappauf die bisherige einkommensneutrale Regelung und schlug vor, von den 19 Milliarden Euro Ökosteuer einen Teil als Anreiz für die Nachrüstung bei Dieselfahrzeugen einzusetzen. Das Pingpong-Spiel bei der Zuweisung der Verantwortlichkeit zwischen Kommunen, Land, Bund und Europa dürfe nicht fortgesetzt werden.
Bundesumweltminister Trittin hatte zuvor darauf hingewiesen, für den Anreiz einer Neuausrüstung oder Nachrüstung von Partikelfiltern für Diesel-Pkw fehle noch die Grundlage einer verbindliche Regelung: Der Euro-5-Grenzwert für Pkw-Dieselfahrzeuge ab 2010 sei frühestens 2007 zu erwarten. Trittin verwies auch auf die generelle Grundhaltung, die in Sachen Feinstaub-Problematik lange Zeit geherrscht habe. So sei er seinerzeit der Panikmache bezichtigt worden, als er auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen eine jährliche Anzahl von 14.000 Toten durch giftige Feinstaubpartikel bekannt gegeben habe. Nun belege eine EU-Studie die Wahrscheinlichkeit von mindestens 65.000 Toten jährlich durch Feinstaub.
Mehr als befremdend sei es schließlich, dass zwei aktuell vorgestellte deutsche Diesel-Modelle weder einen Partikelfilter hätten noch nachrüstbar seien. Zur Finanzierung erklärte Trittin, angesichts der Steuereinnahmen der Länder in Höhe von 11,5 Milliarden Euro sei es durchaus zumutbar, wenn eine Förderung von Partikelfiltern in Höhe von 350 Euro bei Neufahrzeugen und 250 Euro für Nachrüstungen mit einem Gesamtaufkommen von 1,2 Milliarden Euro auch von den Ländern getragen werde.
Die nordrhein-westfälische Umweltministerin Höhn begrüßte den Ansatz von Bund und Ländern, das Problem gemeinsam zu lösen, und empfahl, die Feinstaub-Problematik als Gesundheitsproblem anzugehen. Handlungsbedarf und entsprechende Luftreinhaltungspläne müsse es vor allem für Ballungsgebiete geben. Über Fahrverbote müsse dann nachgedacht werden, wenn rund fünf Prozent der Lastwagen als Verursacher von 60 Prozent giftiger Feinstäube festgestellt werden. Professor Troge ging als Präsident des Umweltbundesamtes auch auf die Problematik ein, dass zwischen den Bundesländern unterschiedliche Werte giftiger Feinstaubmessungen angegeben sind.
Die Liste der Grenzwert-Überschreitungen führt laut Troge Stuttgart mit einer noch nicht aktualisierten Anzahl von Tagen an, gefolgt von München mit 42 Tagen sowie Dortmund und Berlin mit jeweils 36 Tagen. In Bezug auf die Innen- und Außenwirkung führte Troge aus, bei Bussen und Bahnen liege der Grenzwert gefährlicher Feinstäube in den Fahrzeugen aufgrund einer Sogwirkung höher als die gemessenen Außenwerte.