Ausschuss für Gesundheit (Anhörung)
GLOBALBUDGET KONTROVERS DISKUTIERT - DETAILVERBESSERUNGEN NÖTIG
Berlin: (hib/KER-ge) Von totaler Ablehnung bis zur Befürwortung eines Globalbudgets haben sich am Mittwoch Vormittag die Meinigungsäußerungen der Experten bei der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses erstreckt. Basis des ganztägigen Hearings ist der Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 ( 14/1245). Der Entwurf sieht ein Globalbudget für das gesetzliche Krankenversicherungssystem vor, das sich an den Ausgaben des Jahres 1998 orientiert und bei dessen Überschreitung die Kassen für einen Ausgleich innerhalb der folgenden zwei Jahre sorgen müssen. Die Vertreter der Gewerkschaften und der Experte der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) erklärten, das Globalbudget sei geeignet, um zu mehr Wirtschaftlichkeit zu kommen. Im Gesamtsystem seien durchaus Reserven vorhanden. Mit Hilfe eines Globalbudgets, so der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), könnten die Ausgaben besser gesteuert werden, bei gleichzeitiger Garantie der medizinischen Versorgung. Das Ziel des Gesetzentwurfs, eine integrierte Versorgung zu erreichen, sei nur mit einem Globalbudget machbar. Der AOK-Vertreter ergänzte, die Gesetzesinitiative greife die alte Forderung der Kassen auf, Leistungen nur dann zu erbringen, wo sie medizinisch erforderlich sind. Wenn man bedenke, dass zum Beispiel jede zweite Röntgenaufnahme überflüssig ist, könne festgehalten werden, dass "erhebliche Summen” gespart werden können. Der Sachverständige des Verbandes der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) erklärte, insgesamt gesehen sei das Globalbudget das richtige ökonomische Signal in dem System. Es könne helfen, mehr Flexibilität zu erreichen. So wie es konkret ausformuliert sei, stehe es jedoch den zentralen Zielen des Gesetzes konträr gegenüber. Es werde ein "perverses” Wirtschaftlichkeitsdenken produziert, was dazu führen werde, dass der, der ökonomisch gut handelt, sich "teure Kranke vom Hals schafft”. Problematisch sei auch, dass der Gesetzentwurf vorsehe, einzelne Kassen zur Verantwortung zu ziehen. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass zum Beispiel die Einführung von Fallpauschalen in Krankenhäusern die Belastung von Krankenkassen verändern werde, die Kassen selbst dafür aber nicht verantwortlich seien.
Der als Einzelsachverständige geladene Professor Peter Oberender betonte, das Globalbudget sei nicht zukunftsorientiert. Das Ziel, einheitliche und gemeinsame Regeln zu schaffen, sei ein Instrument der Planwirtschaft und schädlich für die Gesellschaft. Statt dessen brauche man "Mut zum Öffnen des Systems”, dürfe sich dabei aber nicht in der Feinregulierung verlieren. Der ebenfalls als Einzelsachverständige geladene Dr. J. Bausch fügte hinzu, mit dem derzeitigen Aktions- und Notprogramm würden bereits die letzten Wirtschaftlichkeitsreserven im System mobilisiert. Man habe schließlich eine Krankenversicherung, die für Kranke da ist, nicht für Gesunde. Die Wirtschaftlichkeitsreserven würden "grotesk” überschätzt. Der Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigungen legte dar, der Druck auf die Leistungserbringer, zu sparen, werde weiter steigen. Ein Arzt, der unter einem Budget verordnen müsse, verordne nicht mehr nach den medizinischen Notwendigkeiten, sondern nach ökonomischen Aspekten. Dies schade dem Patienten. Der Experte der Innungskrankenkassen (IKK) hielt dem entgegen, es sei genug Geld im Gesamtsystem enthalten, es müsse lediglich sinnvoller eingesetzt werden. Das Globalbudget biete die Chance, die Mittel zwischen den Sektoren umzusteuern. Dabei sei die Stärkung der integrierten Versorgung entscheidend. Die Kritik am Globalbudget ziehe lediglich darauf ab, jedwede Form der Budgetierung "wegzuschießen”. Der Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft appellierte an den Gesetzgeber, im Rahmen des Gesamtbudgets übergangsweise eine sektorale Budgetierung so lange zuzulassen, bis Schutzräume für die Krankenhäuser eingezogen seien. Dr. Hagen Kühn betonte, lohnbezogene Steigerungen reichten nicht aus. Das Globalbudget müsse eingebettet werden in eine mittelfristige Finanzplanung, um zu verhindern, dass sich jährliche Konjunkturschwankungen auswirkten.
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