Finanzausschuss/Rechtausschuss (Anhörung)
EXPERTEN GEGEN VERMÖGENRECHTSÄNDERUNGSGESETZ
Berlin:(hib/SAM-fi) Für heftige Kontroversen sorgte die ersatzlose und rückwirkende Streichung der Ersatzgrundstücksregelung (§9 des Vermögensrechtsgesetzes) im Entwurf des Vermögensrechtsergänzungsgesetz der Bundesregierung ( 14/1932) bei der gemeinsamen Anhörung von Finanzausschuss und Rechtsausschuss am Mittwochvormittag.
Der Sachverständige Dr. Depenheuer betonte, es handele sich bei der Ersatzgrundstücksregelung um ein öffentliches Recht, das nicht "kassiert" werden könne, "nur um Geld zu sparen". Dem schloss sich der Vertreter des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V an.
Er bezeichnete die geplante Streichung als verfassungswidrig, weil sie gegen die Abmachung und die gemeinsame Erklärung beider deutscher Staaten im Einigungsvertrag verstoße. Demnach garantiere der Einigungsvertrag, dass eine Entschädigung durch Ersatzgrundstücke vor einer finanziellen Entschädigung Vorrang hätte, wenn alter Besitz nicht zurückgegeben werden könne.
Nach Dr. von Danwitz gleicht die vorgesehene Streichung von §9 Vermögensrechtsgesetz einer verfassungswidrigen Enteignung. Den "finanziellen Risiken", die die Bundesregierung im Änderungsentwurf geltend mache, könne auch durch eine Erhöhung der Einnahmen im Entschädigungsfonds begegnet werden, ohne daß dabei der Anspruch auf ein Ersatzgrundstück entfallen müßte, so der Sachverständige weiter.
Der Rechtsexperte Dr. Wieland beurteilte den Sachverhalt anders und erklärte, es handele sich dabei nicht um eine Enteignung durch die Rücknahme der Ersatzgrundstücksregelung, sondern um eine "Inhaltsgestaltung" durch die Bundesregierung. Die Praxis habe gezeigt, dass der Bürger nicht das Vertrauen haben konnte, wirklich ein Grundstück zu bekommen, so Wieland aus.
Kritisch äusserte sich der Vorsitzende des Deutschen Bauernverbundes, Dr. Born, und forderte die Bundesregierung auf, den Verkaufsstop für ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Flächen aufzuheben. Der Naturschutzbund Deutschland votierte hingegen für eine gesetzliche Verankerung des Verkaufsverbots im Ausgleichsleistungsgesetz (§3 Absatz 11), mit der ein "Ausverkauf von Naturschutzgebieten und Nationalparks in den neuen Bundesländern verhindert" werden sollte.
Auch der WWF verwies darauf, dass die Verfügungsmasse an veräußerbaren Flächen der Bodenverwertungs- und verwaltungs-GmbH (BVVG) über den von Naturschutzverbänden geforderten 100.000 ha zur Umwandlung in Naturschutzvorrangflächen liege. Demgegenüber bezeichnete die Arbeitsgemeinschaft der Waldbesitzerverbände der neuen Bundesländer die Initiative des Umweltministers, große Teile der Waldbestände aus dem Flächenvorrat herauszunehmen und unter Naturschutz zu stellen, als "fachlich völlig unbegründet und abwegig" sowie politisch "schädlich", weil es "mit unserem Eigentumsverständnis nicht vereinbar ist".
Die Regierungsinitiative war durch eine Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20. Januar 1999 notwendig geworden.
Die Kommission hatte beanstandet, dass beim Erwerb ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen bisher nur solche Personen in Betracht kämen, die am 3.Oktober 1990 ortsansässig gewesen seien. Weiterhin hatte sie die Bundesregierung aufgefordert, ihre Beihilfen für landwirtschaftliche Flächen in den nicht benachteiligten Gebieten auf 35 Prozent abzusenken.
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