Sommerferienregelung bereitet Touristikern große Sorgen
Berlin: (hib/VOM) Die neue Sommerferienregelung, die eine Konzentration der Ferienzeiten der größten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg mit sich bringt, bereitet den Tourismuspolitikern in Bund und Ländern große Sorgen. Dies wurde bei einem Gespräch des Tourismusausschusses mit den Tourismusreferenten der Bundesländer am Dienstagnachmittag deutlich. Die Teilnehmer waren sich einig, auf die Länderwirtschaftsminister Einfluss zu nehmen, damit es hier zu einer vernünftigen Lösung kommt. Walter Mews von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns wies darauf hin, dass die touristischen Anbieter in seinem Land im Juli und August gut ausgebucht seien. Er sei äußerst skeptisch, so Mews, ob sich die Regelung aus touristischer Sicht bewähren wird. Die Hauptferienzeiten konzentrierten sich auf wenige Wochen und führten nicht zu einer Entzerrung, sondern zu einer Konzentration der Reisezeiten. Reiner Jäck von der Berliner Senatsverwaltung erinnerte daran, dass die Kultusministerkonferenz (KMK) auf die Tourismusbranche keine Rücksicht genommen habe. Er wünschte sich, dass die KMK für die Wünsche "aus der Praxis" etwas zugänglicher wird. Auch die FDP-Fraktion im Ausschuss konstatierte "keine Gesprächsbereitschaft" bei der KMK.
Aus Sicht der SPD-Fraktion führt die Zusammenballung der Ferienzeit auf maximal 82 Tage zu steigenden Preisen und rückläufigen Übernachtungen. Es dürften nicht nur pädagogische Gesichtspunkte dabei eine Rolle spielen. Die Konzentration sei auch ein Nachteil für die süddeutschen Länder auf Grund der gleichzeitigen Verkehrsströme, argumentierte die Fraktion. Hinzu komme, dass die Vorsaison dadurch schlechter belegt werde. Die Bundesregierung verwies darauf, dass Kritik selbst aus Österreich gekommen sei. Im Jahr 2006 werde über die Ferienzeiten ab 2008 entschieden. Es bestünde dann die Möglichkeit, auf eine Änderung hinzuwirken. Wie die CDU/CSU-Fraktion anmerkte, besteht die Ferienzeit im Jahr 2006 selbst nur aus 70 Tagen, was Walter Mews als "Supergau" für die Ferienorte in Mecklenburg-Vorpommern bezeichnete. Dietrich Gehl von der Landesregierung Baden-Württemberg sagte aus der Perspektive eines südlichen Bundeslandes, dort werde das Problem nicht ganz so groß eingeschätzt. Dem hielt die SPD entgegen, dass in den nördlichen, strukturschwachen Ländern der Tourismus der Wirtschaftsfaktor schlechthin sei. Nach der jetzigen Regelung begännen für 40 Millionen Einwohner innerhalb von acht Tagen die Ferien. Das Bundeswirtschaftsministerium und die Wirtschaftsministerien der Länder sollten aktiv werden und das Vorgehen der Kultuspolitiker nicht sanktionieren. Die alte Regelung mit dem roulierenden System habe funktioniert. Es sei jetzt eine moralische Verpflichtung der süddeutschen Länder, die schon vorher an festen Ferienzeiten festgehalten hätten, zu einer Lösung beizutragen.
Die Runde sprach zahlreiche weitere Themen an, unter anderem die Zurückhaltung der Länder bei der Finanzierung von Familienfreizeitstätten. Wie die SPD berichtete, hat sich Baden-Württemberg aus der Förderung zurückgezogen, während der Bund seine Mittel erhöhte. Auch die Union äußerte den Wunsch, dass die Länder ihre Komplementärmittel bereitstellen, schließlich gebe es in diesen Familienfreizeitstätten für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten über 200 000 Betten. Nach Aussage von Walter Mews gehören Familienferienstätten zum touristischen Kernangebot. Einigkeit herrschte auch darüber, dass barrierefreies Reisen ein Wirtschaftsfaktor ist. Der Markt dafür wachse, betonte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Gleichstellung Behinderter beim Reisen zu ermöglichen. Reiner Jäck wies darauf hin, dass bei neuen Hotels und Gasthäusern zehn Prozent der Zimmer barrierefrei gebaut werden müssen. Dies führe in den Betrieben teilweise zu Schwierigkeiten, weil die Wirtschaftlichkeitsrechnung nicht stimme. Nach seiner Auffassung könnten diese Kosten einer gesellschaftspolitisch wünschenswerten Investition nicht einfach auf die Betreiber abgewälzt werden. Dem widersprachen jedoch die Bündnisgrünen, die daran erinnerten, dass andere Wirtschaftsunternehmen auch politische Rahmenbedingungen beachten müssten.
Ein weiteres Thema war die touristische Beschilderung an Autobahnen und Bundesfernstraßen. Die FDP berichtete, dass in der vergangenen Wahlperiode eine Änderung dahin gehend durchgesetzt worden sei, dass touristische Hinweisschilder an Autobahnen nun alle zehn statt zuvor alle 20 Kilometer aufgestellt werden dürfen und dass das touristische Objekt nicht zwingend von der Autobahn aus einsehbar sein muss. Nach Darstellung von Dr. Norbert Krekeler aus Hessen wird dies in seinem Land liberal gehandhabt. Man beschildere da, wo es sich anbietet. Eine zu große Fülle an Schildern würde den Reiz allerdings auch mindern. Dr. Angelika Tietz von der sächsischen Staatsregierung erklärte, Sachsen nutze die neue Regelung und sei froh darüber. Trotzdem wolle man bei der Beschilderung restriktiv vorgehen. Nach Meinung von Walter Mews muss sich an den Bundesfernstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften im Hinblick auf die Beschilderung auch etwas tun.