Ausbildungsförderung für Schwerbehinderte kontrovers diskutiert
Berlin: (hib/HAU) Unterschiedlich bewerteten Experten und Sachverständige den von der Regierungskoalition eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen ( 15/1783). Dies wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung am Mittwochnachmittag deutlich. Mit dem Gesetzentwurf wollen die Fraktionen die Chancen behinderter und schwerbehinderter junger Menschen bei der Teilhabe am Arbeitsleben verbessern und die Ausbildungsbereitschaft der Arbeitgeber, insbesondere in kleinen Betrieben, stärken. Außerdem soll die Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt weiter verbessert werden.
Die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen des Bundes und der Länder hielt den Entwurf für "sinnvoll und hilfreich", kritisierte aber die Nichtfestschreibung einer Anhörungspflicht der Schwerbehindertenvertretung. Zwar solle auch jetzt schon nach geltendem Recht die Schwerbehindertenvertretung informiert und gehört werden, jedoch werde dies in der Praxis oft unterlassen, da diese Unterlassung keine Folgen habe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Nichtbefolgung der gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensweise weiterhin ohne Sanktionen bleiben solle. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) begrüßte die Absicht, durch gesetzgeberisches Handeln die Ausbildung behinderter Menschen zu verbessern. Die BAGüS bedauerte allerdings das Fehlen der für die Praxis dringend notwendigen Klärung der Dauer des Eingangsverfahrens und der Berufsbildungsmaßnahmen in Werkstätten für behinderte Menschen.
Heftige Kritik gab es von Seiten des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Es unterbleibe jeder Versuch, so der DGB, auch nur die naheliegendsten Verbesserungen des Sozialgesetzbuches IX herbeizuführen. Stattdessen würden die Arbeitgeber und die Arbeitsämter mit einer nur in extrem bürokratischer Weise zu handhabenden Ausnahmeregelung für die Beschäftigungspflicht belastet. Dieser Vorschlag verletzte das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot. Auch aus der Sicht der Bundesanstalt für Arbeit sind im Gesetz vorgesehenen Verfahren zu bürokratisch und unnötig aufwendig gestaltet, beispielsweise das Veranlagungsverfahren für die Ausgleichsabgabe. Man erwarte "erhebliche Probleme" bei der Kommunikation des Verfahrens mit der Arbeitgeberschaft. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßte insbesondere die Festschreibung der, im Jahre 2000 von sechs auf fünf Prozent gesenkten, Beschäftigungspflichtquote für schwerbehinderte Menschen. Dennoch sei der Gesetzgeber aus der Sicht des ZDH auf halber Strecke stehen geblieben und habe es versäumt, arbeitsrechtliche Hindernisse abzubauen, die der Beschäftigung Schwerbehinderter entgegenstehen. So wirke der besondere Kündigungsschutz und der Zusatzurlaub als Einstellungsbarriere. Dem schloss sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) an. Eine höhere Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen sei nur mit einer Überarbeitung des Schwerbehindertenrechtes zu erreichen, welche die Regulierungsdichte und die Kostenlasten für die Unternehmen abbaue.