Bundesregierung will Vertragsarztrecht erneuern
Berlin: (hib/MPI) Niedergelassene Ärzte und Zahnärzte dürfen nach dem Willen der Bundesregierung künftig Zweigpraxen eröffnen. Damit soll unter anderem dem Ärztemangel in einigen ländlichen Regionen etwa in Ostdeutschland begegnet werden, wie aus dem Gesetzentwurf zur Änderung des Vertragsarztrechts ( 16/2474) hervorgeht. Die Zweigpraxen dürfen danach auch an Orten außerhalb eines Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung angesiedelt werden. Zudem sollen Vertragsärzte und -zahnärzte ohne Begrenzung Mediziner auch anderer Fachrichtungen anstellen können. Bislang war diese Möglichkeit auf einen ganztags beschäftigten oder zwei halbtags beschäftigte Ärzte einer Fachrichtung beschränkt.
Auch für die Gründung medizinischer Versorgungszentren sind Erleichterungen geplant. Die Regierung will darüber hinaus die Altersgrenze für den Zugang zur vertragsärztlichen Tätigkeit von 55 Jahren und die Altersgrenze für das Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit von 68 Jahren in unterversorgten Regionen aufheben. Schließlich soll der zehnprozentige Vergütungsabschlag für privatärztliche Leistungen sowie für Leistungen freiberuflicher Hebammen in Ostdeutschland aufgehoben werden.
Der Gesetzentwurf sieht zudem einen Zuschlag für Patienten vor, die die Praxisgebühr nicht bezahlen. Säumige Praxisgebührzahler, die trotz schriftlicher Aufforderung die Zahlung verweigern, müssen künftig die Gerichtsgebühren in Höhe von etwa 150 Euro tragen. Verbessert werden soll die Stellung der Patientenvertreter in den Selbstverwaltungsgremien. Dazu wird dem Entwurf zufolge eine Aufwandsentschädigung eingeführt.
Krankheitswahrscheinlichkeiten sollen nun erst zum 1. Januar 2009 im Risikostrukturausgleich (RSA) der gesetzlichen Krankenkassen verankert werden. Die Einführung der so genannten direkten Morbiditätsorientierung im RSA sollte ursprünglich zum 1. Januar 2007 erfolgen. Die Verschiebung sei "durch den zwischenzeitlichen Zeitablauf erforderlich geworden", heißt es zur Begründung. Der 1994 eingeführte RSA gleicht in gewisser Hinsicht Nachteile aus, die sich durch die unterschiedliche Versichertenstruktur bei den einzelnen Krankenkassen und Kassenarten ergeben. Dabei werden Faktoren wie Einkommen, Alter oder Geschlecht der Versicherten berücksichtigt. Bis 2007 sollte der RSA um den Faktor Krankheitswahrscheinlichkeiten ergänzt werden.
Der Bundesrat, der dem Entwurf zustimmen muss, fordert in seiner Stellungnahme Änderungen. So sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Praxisgebühr säumigen Patienten auch Mahn- und Verwaltungskosten sowie Zinsen auferlegen können. Überörtliche Zweigpraxen und Berufsausübungsgemeinschaften lehnt die Länderkammer ab. Sie will zudem den Vergütungsabschlag für privatärztliche Leistungen in Ostdeutschland erhalten, da Löhne und Gehälter im Osten noch immer deutlich unter Westniveau lägen. In ihrer Gegenäußerung lehnt die Bundesregierung diese Änderungswünsche des Bundesrates ab.