"Kontrolle der Kontrolleure" soll künftigen Fleischskandalen vorbeugen
Berlin: (hib/VOM) Die Verbraucherschutzminister der Länder und Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) haben sich am Donnerstag auf einheitliche Standards der Lebensmittelkontrolle verständigt. Dazu soll ein System der Qualitätssicherung bei der Kontrolle von Lebensmitteln eingeführt werden, das eine "Auditierung" (Kontrolle der Kontrollbehörden) einschließt. Seehofer und sein bayrischer Amtkollege Werner Schnappauf (CSU) stellten sich am Freitragmorgen in einer öffentlichen Sitzung des Verbraucherausschusses den Fragen der Abgeordneten zu den Konsequenzen aus dem jüngsten Gammelfleisch-Skandal. Seehofer sagte, er sei froh, dass nun Einigkeit über einheitliche Standards mit einer Auditierung erzielt worden sei. Die Standards müssten so definiert werden, dass "einfache Machenschaften" wie beim jüngsten Fall in Bayern aufgedeckt werden. Der Minister wies daraufhin, dass sich die Länder auch darauf verständigt hätten, dem vom Bundestag beschlossenen Verbraucherinformationsgesetz am 22. September im Bundesrat zuzustimmen. Dieses Gesetz ermögliche es, die Namen von "schwarzen Schafen" zu nennen. Darüber hinaus habe er sich mit den Ländern darauf verständigt, dass der Strafrahmen für Verstöße gegen die Lebensmittelsicherheit stärker ausgeschöpft werden soll. Zudem solle überprüft werden, ob eine Erhöhung des Strafrahmens erforderlich ist.
Künftig soll es nach den Worten Seehofers auch möglich sein, über Geldbußen hinaus den wirtschaftlichen Vorteil aus kriminellen Handlungen abzuschöpfen. Im gemeinsamen Beschluss der Minister heißt es, damit werde der "unerträgliche Zustand" beseitigt, dass Gewinne aus illegalen Geschäften beim Täter verbleiben. Ebenso wollen die Minister auch diejenigen zur einer Meldung verpflichten, denen vergammeltes Fleisch angeboten wird, also etwa Gastwirte oder Köche. Seehofer unterstrich, für eine "Kompetenz-Diskussion" in diesem Zusammenhang habe er kein Verständnis. Die Zuständigkeit für die Lebensmittelsicherheit sei bei den Ländern richtig angesiedelt. Er habe auch nie eine Bundesoberbehörde gefordert. Den Vorwurf, es gehe hier um "Machtspiele", wies er als "absurd und abenteuerlich" zurück.
Nach den Worten Schnappaufs ziehen Bund und Länder "an einem Strang". Die Kontrolle in den Ländern funktioniere, auch in Bayern, so der Minister. Die Landesregierung ziehe Konsequenzen und habe eine Spezialeinheit eingerichtet, die die Vollzugsbehörden unterstütze. Insgesamt seien in Bayern etwa 1.800 Personen für die Lebensmittelkontrolle eingesetzt. Schnappauf forderte von der EU, dass auch für den Zwischenhandel von Fleisch leichter lesbare und erkennbare Kennzeichnungen eingeführt werden. Bislang seien für Fleischhändler auch keine Fach- und Sachkundenachweise erforderlich. Was die Überprüfung der Zuverlässigkeit der Händler angehe, müssten Berufsverbote, in schweren Fällen auch lebenslange Berufsverbote möglich sein. Darüber hinaus müsse die Meldepflicht erweitert werden.
Peter Bleser (CDU/CSU) begrüßte die Verständigung unter den Ländern und befürwortete eine Zuverlässigkeitsprüfung für Lebensmittelunternehmer. Angesichts der lückenlosen Kontrollen auf Bauernhöfen akzeptiere er jedoch nicht, dass in einem Kühlhaus Kontrollen angeblich nur schwer durchzuführen seien. Mit der Nennung der Namen derjenigen, die vergammelte Produkte von Händlern gekauft hätten, sei eine "einmalige Abschreckung" geschaffen worden, so Bleser. Hans-Michael Goldmann (FDP) äußerte Unverständnis darüber, dass Schnappauf keine "substanzielle Fehleranalyse" vorgelegt und Seehofer "seine Hausaufgaben" nicht gemacht habe. Mit einer vorzeitigen Namensnennung sei gar nichts zu erreichen. Was die Minister vorgetragen hätten, sei eine "Bankrotterklärung". "Sie haben gestern gar nichts vereinbart", rief Goldmann den Amtsinhabern zu. Auch Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von "altem Wein in neuen Schläuchen". Die Beschlüsse der Minister entsprächen dem 10-Punkte-Programm, das Seehofer schon vor zehn Monaten vorgelegt habe. Die entscheidende Frage sei, so Höhn, ob die Kontrollbehörden auf kommunaler Ebene richtig angesiedelt seien, da es doch auch um Arbeitsplätze und Gewerbesteuerzahler gehe. Für sie stellte sich die Frage nach Strukturveränderungen. Waltraut Wolff (SPD) erkundigte sich nach den Konsequenzen im Hinblick auf die Kontrolleure. Schnappauf sagte dazu, in Bayern sei deren Zahl in den letzten fünf Jahren um 250 aufgestockt worden. Kirsten Tackmann (Die Linke) bezeichnete den Ministerbeschluss als "unetikettiertes 10-Punkte-Programm". Es sei merkwürdig, so Tackmann, wenn jetzt Vorschläge kämen, die früher hätten umgesetzt werden müssen.