1. Untersuchungsausschuss/
Berlin: (hib/KOS) Die Aufklärungsarbeit des Auswärtigen
Amts (AA) im Fall des in Mazedonien unter angeblichem
Terrorverdacht verhafteten und von der CIA nach Afghanistan
verschleppten Deutsch-Libanesen El-Masri wurde von der
Ministeriumsspitze nicht gebremst. Auch hätten in dieser
Angelegenheit weder das Innenministerium noch das Kanzleramt im AA
interveniert. Dies erklärten am Donnerstag zum Auftakt einer
öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses die Zeugen
Karl Flittner und Konrad Haindl, zwei Mitarbeiter des
Außenministeriums. Das Parlamentsgremium prüft, ob
deutsche Stellen und die Bundesregierung frühzeitig über
diese rechtswidrige Entführung zwischen dem Jahreswechsel
2003/2004 und Mai 2004 unterrichtet und in diese Aktion involviert
waren. Untersucht wird auch, ob die nachträglichen
Ermittlungen in diesem spektakulären Fall möglicherweise
nicht mit der gebotenen Eile und Intensität geführt
wurden. Am Nachmittag sollten als Zeugen Mitarbeiter des
Verteidigungsministeriums und des Bundesnachrichtendienstes (BND)
vernommen werden. Nach Angaben Flittners, bis Juli 2005 im AA
Leiter des Referats Internationales Strafrecht, wurde das
Außenministerium erstmals im Juni 2004 durch ein Schreiben
von El-Masris Anwalt über die zu diesem Zeitpunkt bereits
beendete Verschleppung des Deutsch-Libanesen informiert: "Damit hat
alles angefangen." Damals sei dieser Vorgang noch als "etwas
Abenteuerliches" erschienen. Man habe, so Flittner, das
Bundeskriminalamt (BKA) über dessen Verbindungsstelle im AA
über das Kidnapping El-Masris unterrichtet. Diese
Angelegenheit habe man "beim BKA in guten Händen" gesehen. Das
Außenministerium selbst sei keine Ermittlungsbehörde.
Der Zeuge verneinte die Frage, ob er seinerzeit etwas von der
eventuellen Information der deutschen Botschaft in Skopje über
die Verhaftung eines Deutschen erfahren habe. Dieses Jahr hatte ein
ehemaliger Telekom-Manager in Mazedonien mitgeteilt, schon im
Januar 2004 die Botschaft telefonisch auf die Festnahme eines
Deutschen ohne Wissen um den Namen El-Masri hingewiesen zu haben.
Auf entsprechende Fragen dementierte Flittner, dass deutsche
Botschaften etwa in Skopje oder in Washington angehalten worden
seien, ihrerseits bei der Aufklärung des Falls El-Masri
zurückhaltend zu agieren. Auf den E-Mail-Verkehr zwischen
Berlin und den Botschaften zu diesem Thema wurde jedoch in
öffentlicher Sitzung nicht näher eingegangen, da dies als
geheim eingestuft wurde. Haindl, zur Zeit der Entführung
El-Masris AA-Referatsleiter für den westlichen Balkan,
erklärte vor dem Ausschuss, über diese
Verschleppungsaktion erstmals Ende August 2004 unterrichtet worden
zu sein. Auch dieser Zeuge sagte, ihm sei damals nichts über
den Anruf des Telekom-Managers bei der Botschaft in Skopje bekannt
gewesen. Dass ein BND-Mitarbeiter in Mazedonien schon bald nach der
Verhaftung El-Masris in einer dortigen Behördenkantine von
dieser Aktion erfahren hatte, habe er ebenfalls erst später in
der Presse gelesen. Für eine politische Bewertung der
Entführung des Deutsch-Libanesen sei er, so Haindl, als
Balkanbeauftragter nicht zuständig gewesen, auch die Spitze
des AA habe keinen solchen Auftrag an ihn erteilt. Die konkrete
Aufklärungsarbeit in diesem Fall sei wiederum nicht Sache
seines damaligen Referats, sondern der polizeilichen Ermittler:
"Wir haben abgewartet, wie sich die Dinge entwickeln."