Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie/
Berlin: (hib/VOM) Der Präsident der Bundesnetzagentur,
Matthias Kurth, hat sich dafür ausgesprochen, bei der
Regulierung des Netzzugangs auf den Energiemärkten
möglichst bald von der kostenorientierten Vorab-Regulierung
zur Anreizregulierung überzugehen. Der Wechsel zur
Anreizregulierung war in der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes
beschlossen worden. Kurth sagte am Dienstagvormittag in einer
Sitzung des Wirtschaftsausschusses, wenn die erforderliche
Verordnung bis zum kommenden Frühjahr zur Verfügung
stehe, könnte der Wechsel bereits zum 1. Januar 2008
stattfinden. Das sei ein "ehrgeiziges Ziel", so der
Behördenchef, aber auch eine große Chance für
weniger Bürokratie. Die Bundesnetzagentur, die frühere
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, ist
für den diskriminierungsfreien Zugang zu den Netzen auf dem
Energie-, Telekommunikations-, Post- und Verkehrssektor
zuständig. Kurth bezeichnete seine Behörde als "deutsches
Kompetenzzentrum für Netzzugangsfragen", das nur eingreife,
"wo es Defizite gibt". Die Netzagentur beschränke sich auf die
Segmente, in denen der Wettbewerb nicht funktioniere, wie etwa im
Energiesektor. Um eine Anreizregulierung zu verwirklichen, brauche
die Agentur ein Mindestmaß an Daten über die
Unternehmen. Da es bei der Regulierung um Eingriffe in die
Unternehmensstruktur gehe, müssten deren jeweilige
Besonderheiten berücksichtigt werden. Kurth nannte dies eine
"Gratwanderung", da die Netzagentur ihre Entscheidungen auch vor
Gericht rechtfertigen müsse. Auf dem Energiesektor ist die
Bundesnetzagentur erst seit einem Jahr tätig. Bislang sind
nach Angaben Kurths 25 Entscheidungen über die Kürzung
von Anträgen auf Erhöhung der Netznutzungsentgelte im
Stromsektor sowie zehn Entscheidungen auf dem Gassektor getroffen
worden. Im Stromsektor machten die vorgenommenen Kürzungen
zwischen drei und 20 Prozent, auf dem Gassektor 20 bis 25 Prozent
aus. Den Unternehmen seien die Entscheidungen angekündigt
worden. "Wir geben eine Vorwarnung", sagte Kurth. Der Protest gegen
die Entscheidungen der Agentur sei merklich leiser geworden. Die
Kürzungen würden im Wesentlichen Anlagen- und
Bewertungsfragen der Vergangenheit betreffen. Bislang gebe es
für die Unternehmen keinen Anreiz, die Überbewertung von
Netzen in der Bilanz zu korrigieren. Auf dem Gassektor prüfe
man zurzeit, ob die noch vorhandenen 19 Marktgebiete wirklich
erforderlich sind. Man könne die Öffnung "stark
vermachteter Märkte" aber nicht über Nacht erreichen. Von
Abgeordneten auf die Situation der Stadtwerke angesprochen, sagte
Kurth, hier würden keine Strukturveränderungen
angestrebt. Kleine Stadtwerke dürften nicht mit ineffizienten
und große nicht mit effizienten Stadtwerken gleichgesetzt
werden. Kleine, aber effiziente Netzbetriebe hätten von der
Anreizregulierung nichts zu befürchten. Im Übrigen
sollten die Stadtwerke auch die Chancen außerhalb ihres
Vertriebsgebietes nutzen. Lediglich jene, die nichts unternehmen,
würden mittelfristig Probleme bekommen. Es solle ein System
aufgebaut werden, so der Präsident weiter, in dem derjenige,
der eine gute Versorgungsqualität liefert, bei der
Anreizregulierung einen Bonus erhält. Die Philosophie,
Qualität sei nur mit hohen Preisen zu liefern, sei
monopolistisch gedacht. Die Netzagentur betrachte sich in dieser
Hinsicht auch als "neutraler Sachwalter der Verbraucher".