Eindeutige Rechtslage zum Schutz vor Genitalverstümmelungen gefordert
Berlin: (hib/WOL) Die Bundesregierung soll den Schutz von Mädchen und Frauen vor Genitalverstümmelung erheblich verbessern. Das fordern Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag ( 16/3542). Die Abgeordneten verweisen darauf, dass weltweit 130 Millionen Mädchen und Frauen an ihren Genitalien verstümmelt worden sind und laut Unicef-Studie aus dem Jahr 2005 jährlich drei Millionen Opfer dieses grausamen Rituals dazukommen. Dabei könne die Todesrate durch Genitalverstümmelung bis zu 30 Prozent betragen. Andere, langfristige Folgen der Beschneidung seien oftmals Infektionen, lebenslange Schmerzen, Depressionen und Psychosen. Neben gravierenden Beeinträchtigungen der Sexualität bei Frauen könnten durch die Genitalverstümmelung lebensgefährliche Komplikationen für Mutter und Kind bei Geburten auftreten.
Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes im Jahr 2005 sei es gelungen, bereits eine drohende Genitalverstümmelung als eigenständigen Asylgrund anzuerkennen, so die Fraktion. Vielfach werde aber sogar in Europa an der Praxis der Genitalverstümmelung festgehalten. So seien nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes und der Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" in Deutschland etwa 30.000 Frauen und Mädchen davon betroffen oder bedroht. Um in Deutschland lebende Migrantinnen vor einer Genitalverstümmelung zu schützen, sei vor allem eine für alle Beteiligten eindeutige Rechtslage "unabdingbar". Darüber hinaus müsse aber auch auf EU-Ebene sichergestellt werden, dass Länder, in denen Genitalverstümmelung in einem nicht unerheblichen Ausmaß stattfindet, nicht als so genannte sichere Herkunftsländer eingestuft werden dürfen.
Gefordert wird eine ausdrückliche Aufnahme der Genitalverstümmelung als Straftatbestand nach Paragraf 226 des Strafgesetzbuches. So sei dies in Europa von Schweden, Großbritannien, Norwegen, Belgien, Dänemark, Spanien, Österreich und Italien geregelt worden. Da aber selbst ein explizites Verbot allein die Praxis der Genitalverstümmelung nicht beenden werde, müsse mit Kampagnen über die körperlichen und seelischen Folgen weiblicher Verstümmelung und über die Rechtslage informiert werden. Durch ergänzende Aufklärungskampagnen müsse es zu einem Umdenken kommen. Notwendig sei auch eine bessere Beratungsinfrastruktur für betroffene oder bedrohte Frauen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs von Ende 2004 mit einem wegweisenden Urteil, wonach der Staat in das Sorgerecht der Eltern und in diesem Fall in das Aufenthaltsbestimmungsrecht eingreifen darf, sei deshalb auch bei möglichen Ausweisungsentscheidungen gegen die Eltern potenzieller Opfer von Genitalverstümmelung zu beachten, heißt es in dem Antrag.