Versicherer wehren sich gegen geplante Einschränkung der Verlustverrechnung
Berlin: (hib/VOM) Gegen die geplante steuerliche Nichtanerkennung einer Organschaft mit Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen haben sich Vertreter der Versicherungswirtschaft am Mittwochmorgen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses ausgesprochen. Zum Entwurf des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes ( 14/6883, 14/7085) haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht. Über die Bildung von so genannten Organschaften zwischen Sachversicherungsunternehmen und Lebensversicherungsunternehmen, die einen Gewinnabführungsvertrag voraussetzen, bestehe die Möglichkeit, den steuerlichen Verlust aus dem Lebensversicherungsgeschäft mit Gewinnen im Bereich der Sachversicherungen zu verrechnen. Wie es in dem Änderungsantrag heißt, bleiben ab 2002 nach dem körperschaftsteuerlichen Halbeinkünfteverfahren Dividenden von Lebens- oder Krankenversicherungsunternehmen bei der Einkommensermittlung unberücksichtigt. Damit komme es wegen der Berücksichtigung von Beitragsrückerstattungen als Betriebsausgaben zu einem Verlust. Da es die bisherige Anrechnung der auf den Beteiligungserträgen lastenden Körperschaftsteuer nicht mehr gebe, würde diese Besteuerung definitiv wirken, so die Fraktionen in ihrer Begründung.
Schwerwiegende Bedenken gegen diesen Koalitionsvorschlag äußerte Professor Johanna Hey in der Anhörung. Steuersystematisch sei die Organschaft keine Steuervergünstigung, sondern ein tragendes Element des Körperschaftsteuerrechts. Der Gesetzgeber halte an der Organschaft fest, auch wenn damit die Möglichkeit der Verrechnung von Verlusten mit den Gewinnen anderer Unternehmen verbunden sei. Eine Sonderregelung für eine einzelne Branche könnte gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen, so die Wissenschaftlerin. Steuerausfälle allein rechtfertigten dies nicht. Der Vertreter der Gothaer Lebensversicherung wies der Organschaft eine "zentrale Bedeutung" für Versicherungsunternehmen zu. Jede Abkehr von diesem Prinzip der konsolidierten Besteuerung würde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Versicherungswirtschaft in Frage stellen. Der Vertreter von "Hannoversche Leben" wies darauf hin, dass jede steuerliche Belastung die Überschüsse der Versicherungsnehmen schmälern würde. Wenn man die private Altersvorsorge fordern wolle, sollte dies nicht durch solche Regelungen beeinträchtigt werden. Auch die Ergo Versicherungsgruppe betonte die Notwendigkeit der Organschaft. Ein Sprecher der Allianz AG betonte, es handele sich dabei nicht um eine steuerliche Gestaltungsmöglichkeit, sondern um normale Rechtsanwendung wie in anderen Branchen auch. Die Deutsche Steuergewerkschaft räumte ein, dass die Organschaft bei Versicherungsunternehmen bedeutungsvoller sei als bei anderen Unternehmen.
Dagegen verwies der Deutsche Städtetag auf Einbrüche bei Gewerbesteuereinnahmen in Städten, deren wesentliche Gewerbesteuerzahler Versicherungen sind. Unbefriedigend sei es, wenn die Versicherungswirtschaft steuerfreie Einnahmen habe, während Ausgaben abzugsfähig seien. Mit der Steuerfreiheit von Erträgen aus Dividenden und Beteiligungsveräußerungen und mit der Möglichkeit der Organschaft gebe es zwei Problemkreise. Wünschenswert sei es, beide Probleme so zu regeln, dass sich die Versicherungswirtschaft am Steueraufkommen beteilige. Die von den Koalitionsfraktionen jetzt geplante Regelung bedeute nur eine Teillösung, weil sie einige Steuerausfälle verhindere. Das Probleme werde aber dadurch nicht gelöst. Der Finanzausschuss will die Beratung des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes am heutigen Mittwoch abschließen. Das Gesetz soll bereits morgen, Donnerstag, vom Bundestag verabschiedet werden.