Opposition: Künast hat ihr Ministerium nicht im Griff
Berlin: (hib/VOM) Die CDU/CSU- und die FDP-Fraktion haben Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) vorgeworfen, sie habe ihr Ministerium "nicht im Griff". In einer Sondersitzung des Ausschusses hatte die Ministerin am Freitagvormittag über die mit dem Breitband-Antibiotikum Chloramphenicol behandelten Garnelen im Fischmehl berichtet. Am 27. Dezember war das Ministerium vom niederländischen Veterinärdienst darüber informiert worden, dass in den Niederlanden für den menschlichen Verzehr nicht mehr geeignete Garnelen vermischt mit anderen Fischabfällen über eine Recyclingfirma illegal in eine Fischmehlfabrik nach Cuxhaven verbracht worden seien. Dabei habe es sich um gut 27.000 Kilogramm Garnelen gehandelt, bei denen Rückstände des in der EU verbotenen Chloramphenicol festgestellt und die deshalb von den niederländischen Behörden als Risikomaterial eingestuft worden seien. Diese Mitteilung sei vom Ministerium erst am 8. Januar an das zuständige niedersächsische Landwirtschaftsministerium weitergeleitet worden. Künast räumte ein, dass es im Ministerium zwischen dem 27. Dezember und dem 8. Januar zu "nicht akzeptabeln Zeitverzögerungen" gekommen sei. Die Ministerin schilderte im Detail, welchen Weg das Schreiben aus dem Nachbarland in dieser Zeit in ihrem Ministerium zurückgelegt hatte. Sie verwies darauf, dass zwei Unterabteilungsleiter eine Dienstanweisung vom Mai vergangenen Jahres, wie in solchen Fällen vorzugehen sei, nicht eingehalten hätten und daher von ihren Aufgaben entbunden worden seien.
Die CDU/CSU-Fraktion warf Künast vor, sie habe die Öffentlichkeit in der vergangenen Woche bei der "Grünen Woche" falsch informiert. Dieser Vorgang habe nicht in ihr Konzept zur Eröffnung der Berliner Agrarschau gepasst. Die Öffentlichkeit habe erst am 14. Januar Kenntnis von dem Vorgang erlangt. Die Ministerin habe ihn verschleppt, anstatt konsequent zu handeln, so die Union. Dies sei ein "skandalöser Vorgang". Die Darstellung der Vorgänge in ihrem Ministerium sei "peinlich" gewesen. Die Fraktion warf ihr vor, die Bauern in der Öffentlichkeit beleidigt zu haben und gleichzeitig einen moralischen Anspruch zu erheben, an dem sie sich nun messen lassen müsse. Auch die FDP betonte, das Verhalten der Ministerin innerhalb ihres Hauses, gegenüber der Landwirtschaft und dem Ausschuss sei "nicht akzeptabel". Es reiche nicht aus, wenn sie dieVerantwortlichen festgemacht habe. Niemand habe die "politische Verantwortung" übernommen. Das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelsicherheit sei ein weiteres Mal geschwächt worden. Auch die PDS betonte, beim Verbraucher bleibe der Eindruck zurück, dass nichts sicher sei.
Dagegen sprachen Bündnis 90/Die Grünen von einem reinen "Wahlkampgetöse". Der Vorgang sei mit den BSE-Fällen nicht zu vergleichen. Das Antibiotikum habe in den Rückständen auf Grund der Verdünnung nicht einmal nachgewiesen werden können. Die Fraktion sprach von einer "absurden Gespensterdiskussion". Im Übrigen rief die Fraktion die CDU/CSU auf, zu belegen, dass die Ministerin die Öffentlichkeit falsch informiert habe.