Regierung will Artikel 96 des Grundgesetzes ändern
Berlin: (hib/NEI) Der Artikel 96 des Grundgesetzes (GG) soll dahin gehend geändert werden, dass er die geplante Konzentration der Zuständigkeit für die Verfolgung aller Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch bei den Oberlandesgerichten und dem Generalbundesanwalt ( 14/8978) verfassungsrechtlich absichert. Dazu hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf ( 14/8994) vorgelegt. Danach soll der Artikel 96 Absatz 5 GG so gefasst werden, dass neben den Gebieten des Artikels 26 Absatz 1 GG, dem der Völkermord zuzurechnen ist, und des Staatsschutzes, in denen bereits jetzt Gerichte der Länder Gerichtsbarkeit des Bundes ausüben können, auch Strafverfahren auf Grund anderer völkerrechtlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderer Kriegsverbrechen in Bezug genommen werden. Darüber hinaus sind nunmehr über das Völkerstrafgesetzbuch auch Unterlassungstaten und fahrlässig begangene Taten erfasst.
Der Bundesrat äußert sich in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf bedauernd darüber, dass die Änderung des Artikels 96 Absatz 5 GG wegen der Eilbedürftigkeit des Gesetzgebungsverfahrens nicht zu einer Verbesserung der verfassungsrechtlichen Struktur dieser Vorschrift genutzt werden kann. Jedenfalls sollte der Artikel bei der anstehenden Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung überarbeitet und die Vorstellung einer grundsätzlichen Zuständigkeit des Bundes für Strafverfahren auf den Gebieten des Völkerstrafrechts und des Staatsschutzes aufgegeben werden. Zur Begründung wird angeführt, dass der Artikel 96 Absatz 5 GG als schwer verständlich, systemwidrig und irreführend gelte.
In ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates weist die Bundesregierung darauf hin, dass die verfassungsrechtliche Struktur des Artikels 96 Absatz 5 GG schon im Blick auf das gebotene zügige Gesetzgebungsverfahren nicht geändert werden sollte und jedenfalls die klarstellende Funktion des Artikels 96 Absatz 5 GG bisher nicht in Zweifel gezogen worden sei. Darüber hinaus sehe die Bundesregierung im Rahmen der anlaufenden Diskussionen um eine Modernisierung des bundesstaatlichen Ordnung für die vom Bundesrat verfolgte Änderung der Kompetenzverteilung keinen Anlass.