Sachverständige uneins über Rahmenbedingungen für Gentests
Berlin: (hib/JUM) Gentests ermöglichen, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und sie entsprechend zu behandeln. Wie Mediziner und Versicherungen dann aber mit dem Ergebnis der genetischen Untersuchung umgehen sollen, ist noch unklar. Die CDU/CSU-Fraktion hat dazu einen Gesetzentwurf ( 14/6640) vorgelegt, der am Mittwochnachmittag im Rahmen einer Anhörung diskutiert wurde. Die Fraktion möchte strafrechtlich verfolgt wissen, wer "ohne Rechtsgrundlage oder Einwilligung der Betroffenen Gentests durchführt", da genetische Untersuchungen auf einer freiwilligen Entscheidung des Betroffenen beruhen, so die Fraktion. Dem Patienten müsse das "Recht auf Nichtwissen" zugestanden werden. Dieses Recht schließe ein, dass Private Krankenversicherungen vor Abschluß eines Vertrages keinen Gentest verlangen dürfen. Eine Offenlegung der genetischen Daten sei nur dann erforderlich, wenn der Versicherungsnehmer eine Lebensversicherung über eine ungewöhnlich hohe Summe abschließen möchte.
Nach Auffassung des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen sind Patienten, die nach einer genetischen Untersuchung wissen, dass der Versicherungsfall bereits eingetreten sei oder unmittelbar bevorstehe, nicht mehr versicherbar. Dabei unterscheidet er zwischen diagnostischen und prädikativen Gentests. Habe der Antragsteller wegen klinischer Symptome einen Gentest machen lassen, müssten die Ergebnisse dem Versicherer mitgeiteilt werden. Der Grund: Solche diagnostischen Tests dienten der Charakterisierung von Krankheitserregern und unterschieden sich nicht von anderen klinischen Untersuchungsbefunden. Anders bewertet der Verband die prädikativen Gentests, deren Auslöser nicht Symptome oder Beschwerden sind, sondern Krankheitsfälle in der Verwandschaft. Sie enthüllten bestimmte Gendefekte, die irgendwann einmal zu einer möglichen Erkrankung führen könnten - das sei eine Information, die von den Versicherungen nicht verwendet werden dürfe. Dieser Position schloß sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung bis zum Jahr 2006 an.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisierte den Gesetzentwurf. Ihrer Ansicht nach bestehe keinerlei Regelungsbedarf im Arbeitsrecht, da der Arbeitnehmer durch die geltende Rechtsauffassung und das Bundesdatenschutzgesetz bereits ausreichend geschützt sei vor der Anwendung von Gentests durch den Arbeitgeber. Die BDA räumte allerdings ein, dass gewisse Ausnahmevorschriften durch den Gesetzgeber klargestellt werden müssten. Diese sollten dann gelten, wenn nach prädikativen Tests der Ausbruch einer Krankheit prognostiziert werde, die zum Beispiel wegen plötzlich auftretender Handlungsunfähigkeit eine Gefährdung des Arbeitnehmers oder Dritter bedeuten würde. Joachim Jacob, Bundesbeauftragter für Datenschutz, begrüßte die Gesetzesinitiative zwar grundsätzlich, betonte aber, dass die prädikativen Untersuchungen nur dem Betroffenen mitzuteilen seien und zwar durch den jeweiligen Arzt, der den Test veranlaßt habe. Gegen den Willen des Patienten dürften Dritte nicht informiert werden. Dem stimmte auch der Deutsche Gewerkschaftsbund zu. Er forderte das generelle Verbot von Gentests in Arbeits- und Versicherungsverhältnissen. Nur so könne jegliche Selektierung und Diskriminierung von Arbeitnehmern ausgeschlossen werden.