Parlamentarisches Zweikammersystem für die EU angeregt
Berlin: (hib/DEL) Eine tiefgreifende Veränderung der bisherigen Strukturen innerhalb der EU schlägt ein von der Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU) verabschiedeter Bericht über "die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union insbesondere im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) vor. Damit folgten die Abgeordneten der WEU-Versammlung dem Vorschlag des Berichterstatters, des früheren belgischen Premierminister Mark Eyskens, eine Zweikammerstruktur auf europäischer Ebene aufzubauen. Nach dem demokratischen Prinzip der Gewaltenteilung soll die Gesetzgebung nicht mehr durch den Europäischen Rat erfolgen. Hauptgesetzgeber soll demnach das Europäische Parlament werden, daneben tritt eine zweite Kammer, die sich aus nationalen Parlamentariern zusammensetzt. Dieser Bericht wird dem Konvent zur Zukunft der Europäischen Union vorgelegt.Ebenfalls Thema im ersten Teil der 48. Sitzungsperiode der Versammlung der WEU vom 3. bis zum 5. Juni in Paris waren schwierige Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Der Präsident der Versammlung, der Bundestagsabgeordnete Klaus Bühler (CDU/CSU) kritisierte in seiner Eröffnungsrede den Ministerrat der WEU, der praktisch nicht mehr als Gesprächspartner der Versammlung zur Verfügung stehe, die Regierungen jedoch im Bereich der ESVP ohne parlamentarische Kontrolle arbeiteten, da es keine Berichtspflicht des EU-Rates gegenüber nationalen Parlamentariern gebe.
Die Versammlung sprach sich im Bericht des britischen Abgeordneten John Wilkinson dafür aus, den Kampf gegen den Terrorismus zum Bestandteil der "Petersberg"-Aufgaben der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu machen. Zu lebhaften Diskussionen führte der vom niederländischen Abgeordneten Jan Dirk Blaauw vorgelegte Bericht über "Neue Herausforderungen für die euro-amerikanische Sicherheitszusammenarbeit", der sich unter anderem kritisch mit dem Vorgehen der Vereinten Staaten gegen den internationalen Terrorismus auseinandersetzt. Zu der Tagung waren auch der spanische Verteidigungsminister Federico Trillo-Figuero, der portugiesische Aussenminister Antonio Martins da Cruz sowie Bulgariens Verteidigungsminister Nicolay Svinarov angereist. Trillo, der die WEU- und EU-Präsidentschaft vertrat, forderte von den 200 WEU-Parlamentariern aus 28 Ländern, auf ihre Regierungen Druck auszuüben, damit diese die letzten Hindernisse für die angestrebte Vereinbarung zwischen der NATO über einen möglichen Rückgriff der EU auf Fähigkeiten der NATO bei Krisenoperationen beiseite räumten. Ansonsten riskiere die geplante Übernahme der von der UNO geführten Polizeimission in Bosnien-Herzegowina zu scheitern. Im Rahmen der Tagung wurden die Mitglieder der deutschen Delegation Kurt Palis und Dieter Schloten (SPD) zu Berichterstattern zu den Themen "Europäische Streitkräfte und Krisenmanagement" und "Europäische Verteidigung: Beitrag für den Konvent" ernannt.
Weitere Informationen unter: http://assembly.weu.int