Arbeit der deutschen politischen Stiftungen in der Türkei bedroht
Berlin: (hib/WOL) Eine Anklage gegen vier Vertreter deutscher entwicklungspolitischer Stiftungen vor dem türkischen Staatssicherheitsgerichtshof bedroht nach Einschätzung der Bundesregierung und der Fraktionen im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) die entwicklungspolitische Arbeit der politischen Stiftungen über die Grenzen hinaus. Während die SPD ein informelles Vorgehen auf allen Ebenen empfahl, forderte die Fraktion der CDU/CSU eine offizielle Resolution.
In der Sache erklärte die Regierung, die etwa 18 Ordner umfassende Anklageschrift sei zwar inzwischen ins Deutsche übersetzt, aber noch nicht offiziell vorgelegt. Im Übrigen sei die Anklage gegen vier Personen der Stiftungen und weitere 15 Personen aus anderen Organisationen, von örtlichen Bürgermeistern oder Vertretern des Orientinstitutes auf Spionage, auf Geheimbündelei und Untergrabung der staatlichen Souveränität "absurd und in der Sache völlig haltlos". Ein Einspruch der Konrad-Adenauer-Stiftung sei erfolgt, jedoch bereits von einer Richterin abgewiesen worden. Nach Angaben einer Vertreterin der Friedrich-Ebert-Stiftung im Ausschuss wird den Betroffenen vorgeworfen, sie hätten versucht, einen imperialistischen Einfluss auf die Türkei auszuüben, indem sie den Goldabbau in der Region Bergama hintertreiben und eine positive wirtschaftliche Entwicklung unterminieren wollten.
Laut Bundesregierung ist die Situation insofern schwierig, als es von Seiten der gerade abgewählten türkischen Regierung durchweg positive Signale in mündlichen Gesprächen gegeben habe, jedoch alle offiziellen Schreiben, etwa des Auswärtigen Amtes, des Bundespräsidenten und anderer Stellen bislang ohne jede Antwort geblieben seien. Inhaltlich komme der Vorwurf gegen eine Verhinderung der Goldgewinnung aber nicht aus dem Bereich der Spekulation. So ziehe die Goldgewinnung einen massiven Einsatz hochgiftiger Chemikalien mit sich und führe damit zu einer nicht absehbaren Beeinträchtigung und Kontaminierung sowie einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Bevölkerung in der Region. Vom Auswärtigen Amt wurde ergänzt, auf Grund der Ansiedlung der Klage beim Staatssicherheitsgerichtshof werde es nicht, wie üblich, eine Klageprüfung geben. Vielmehr müsse Anklage erhoben werden und das Verfahren erfolgen. Erforderlich sei am 26. Dezember ein rascher Abschluss des Verfahrens mit einer völligen Rehabilitierung der Personen. Von der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde ergänzt, es dürfe auch nicht unterschätzt werden, dass die Präsenz der Stiftungen für Menschen und Organisationen in einem Land von eminenter Bedeutung seien, da sie eine gewisse Schutzfunktion für Beteiligte vor Ort wahrnähmen.