Sachverständige lehnen Steueränderungsgesetz 2007 mehrheitlich ab
Berlin: (hib/HAU) Der von CDU/CSU und SPD vorgelegte Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 2007 ( 16/1545) wird von Experten mehrheitlich abgelehnt. Das wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung am Donnerstagnachmittag im Finanzausschuss deutlich. Der Gesetzentwurf soll der Haushaltssanierung dienen und sieht unter anderem Kürzungen bei der Pendlerpauschale, beim Sparerfreibetrag und bei der Dauer der Kindergeldzahlungen vor. Darüber hinaus ist geplant, einen dreiprozentigen Zuschlag zur Einkommensteuer für höhere Einkommen, die so genannte Reichensteuer, zu erheben. Ebenfalls diskutiert wurde ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/1501), der die Zurückziehung des Gesetzes fordert.
Die Haushaltskonsolidierung, so die Bundessteuerberaterkammer, sei ein wesentliches Instrument, um Deutschland zukunftssicher zu machen. Allerdings seien die in dem vorliegenden Änderungsgesetz enthaltenen Maßnahmen punktuelle Einzelregelungen, die einen "roten Faden" vermissen ließen. Irritation und Akzeptanzprobleme bei den Betroffenen seien die zu erwartenden Folgen. Steigende Konsumfreudigkeit und damit verbundene positive Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung seien so nicht zu erreichen. Aus Sicht des Deutschen Beamtenbundes (dbb) ist der Abbau von Ausnahmetatbeständen im Steuerrecht dann gerechtfertigt, wenn damit eine Vereinfachung und Senkung der allgemeinen Steuersätze einhergeht. Davon könne jedoch bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht die Rede sein. Anstatt Regelungen abzubauen, die zur Herstellung von mehr Steuergerechtigkeit eingeführt worden seien, sollte man verstärkt den Steuermissbrauch, insbesondere den Umsatzsteuerbetrug, bekämpfen. Damit, so der dbb, könnte ein zweistelliger Milliardenbetrag eingenommen werden. Die Deutsche Steuergewerkschaft erwartet eine spürbare Belastung der breiten Bevölkerungsschicht der Durchschnittsverdiener. Das Gesetz sei der falsche Weg, um nachhaltige konjunkturelle Impulse zu setzen. Der Bevölkerung werde in großem Maße Kaufkraft entzogen, was zu einem Stocken der ohnehin schon schwachen Binnennachfrage führen werde.
Das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung lehnt die Reichensteuer ab. Angesichts der fortschreitenden weltwirtschaftlichen Integration und einem Abbau von Mobilitätsschranken in Europa sei mit einer massiven Ausweichreaktion der Steuerzahler zu rechnen. Maßnahmen, wie die Abschaffung der Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers, der Entfernungspauschale sowie die Beschränkung des Kinderfreibetrages auf Kinder unter 25 Jahren seien hingegen sinnvolle Regelungen im Rahmen einer Konsolidierungsstrategie. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund besteht in der Reichensteuer der einzig positive Aspekt des Gesetzes. Man könne sich sogar vorstellen, die festgelegte Grenze von 250.000 Euro Jahreseinkommen zu senken. Als "unsozial" und "konjunkturschädigend" abgelehnt werden hingegen die restlichen vorgesehen Regelungen. Einen "neuen Tiefpunkt rechtlicher Kultur" sieht Professor Joachim Lang von der Universität Köln mit dem Gesetz erreicht. Es sei steuerpolitisch verfehlt und für eine nachhaltige Konsolidierung nicht geeignet. Richtiger wäre es gewesen, die derzeit positive Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft durch entschlossenes Angehen der vereinbarten Strukturreformen zu unterstützen, statt den Weg einer wachstumshemmenden Steuerpolitik zu gehen.