FRANZÖSISCHE GÄSTE IM EUROPAAUSSCHUSS
Moscovici: Zu ambitionierte Pläne bergen Gefahr des Scheiterns in sich
(eu) Der französische Europaminister Pierre Moscovici hat seine Auffassung bekräftigt, die bevorstehende Regierungskonferenz der EU-Mitgliedstaaten zu institutionellen Fragen sollte nur solche Reformthemen anpacken, die auch innerhalb eines knappen Jahres abgeschlossen werden könnten. Zu ambitionierte Pläne würden die Gefahr des Scheiterns in sich bergen und damit auch den Prozess der Erweiterung der EU um drei bis vier Jahre zurückwerfen, erklärte Moscovici am 19. Januar im Europaausschuss.
Zu den aufzugreifenden Reformvorhaben zählte der französische Sozialist die künftige Größe der Europäischen Kommission und die Gewichtung der Stimmen im Rat der EU. Skeptisch zu bewerten sei hingegen die künftige Regelung einer Flexibilität bei Entscheidungsprozessen mit der Möglichkeit einer verstärkten Zusammenarbeit solcher EU-Mitgliedstaaten, die das wollten. Es sei fraglich, ob ein solch komplexes Vorhaben bis Ende dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen werden könne.
"Agenda 2000 beibehalten"
Moscovici und der ihn begleitende Vorsitzende des Europaausschussesder französischen Nationalversammlung, Alain Barrau, waren einer Einladung des Europaausschusses des Bundestages und seines Vorsitzenden Friedbert Pflüger (CDU/CSU) gefolgt. Die beiden Gäste aus Paris wandten sich übereinstimmend gegen Versuche aus den Reihen von CDU/CSU und F.D.P., das Ende März vergangenen Jahres unter deutscher Ratspräsidentschaft beschlossene Paket der Agenda 2000 wieder aufzuschnüren.
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Zu Gast im Europaausschuss: der französische Europaminister Pierre Moscovici (2. v.r.) und der Vorsitzende des Europaausschusses der französischen Nationalversammlung, Alain Barrau (2.v.l.). Rechts im Bild der Vorsitzende des Europaausschusses, Friedbert Pflüger (CDU/CSU), ganz links der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Christoph Zöpel (SPD). |
Der seinerzeit erreichte Kompromiss habe finanzielle Planungssicherheit bis 2006 ermöglicht und sei nunmehr Teil des gemeinschaftlichen Besitzstandes (des so genannten acquis communautaire), so Moscovici und Barrau. Die beiden Oppositionsfraktionen hatten darauf verwiesen, besonders die Regelungen im Agrarteil der Agenda 2000 seien unzureichend, um beispielsweise die finanziellen Folgen einer Aufnahme Polens in die EU zu meistern.
Ähnlich wie SPD und Bündnis 90/Die Grünen verteidigte der französische Europaminister den Beschluss des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs von Helsinki im vergangenen Monat, die Türkei in die Reihe der Beitrittskandidaten aufzunehmen. Diese Entscheidung sei historisch gut begründbar und zudem politisch klug, da sie jenen Kräften Auftrieb gebe, die europaorientiert seien und Reformen vorantreiben wollten. Moscovici betonte in diesem Zusammenhang in Übereinstimmung mit den deutschen Sozialdemokraten, bevor Ankara nicht die von der EU aufgestellten politischen Kriterien für eine Aufnahme – wie die Beachtung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten – erfülle, kämen Beitrittsverhandlungen mit diesem Land nicht in Frage.