TSCHECHISCHE GÄSTE IM WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
Nachbarland strebt Mitgliedschaft in der EU für das Jahr 2003 an
(wi) Die Tschechische Republik will im Jahr 2003 Vollmitglied der Europäischen Union werden. Dies machte eine Delegation des Ausschusses für Wirtschaft des tschechischen Parlaments am 15. März in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie deutlich.
Im Mittelpunkt der Beratungen standen die deutsch-tschechischen Wirtschaftsbeziehungen und die Perspektiven Tschechiens als Kandidat für den EU-Beitritt. Die Ost-Erweiterung der EU hat nach Angaben des Delegationsleiters und Ausschussvorsitzenden Frantisek Brozík erste Priorität in seinem Land. Dort sei die wirtschaftliche Situation "nicht so günstig", da das Bruttosozialprodukt zurückgegangen sei. Auch die Politik der Staatsbank habe die wirtschaftliche Entwicklung etwas abgebremst. In jüngster Zeit seien aber wieder Besserungen festzustellen, so Brozík. Die tschechische Krone habe einen günstigen Wechselkurs erreicht. Das Ausmaß der Inflation sei im vergangenen Jahr das niedrigste in den letzten zehn Jahren gewesen.
Vertreter der Delegation verglichen die Entwicklung mit der Transformation der ostdeutschen Wirtschaft. Ostdeutschland habe aber in den alten Bundesländern einen starken Partner gehabt, und das materielle Recht sei komplett übernommen worden. In Tschechien habe einerseits Rechtskontinuität gewahrt werden müssen, andererseits seien auch neue Rechtsnormen erforderlich geworden. Die Unternehmen seien bereit, sich dem harten Konkurrenzkampf auf den Weltmärkten zu stellen.
Die kleinen und mittleren Betriebe hätten die Umstrukturierung gut und relativ schnell bewältigt, auch dank zahlreicher Joint-Ventures (Gemeinschaftsunternehmen) mit Unternehmen aus westlichen Staaten, hieß es von Seiten der Delegation. Die Unternehmen seien inzwischen auch in der Lage, konkurrenzfähige Produkte herzustellen. Probleme bereiteten noch die großen Industriebetriebe im Bau- und im Hüttenwesen. Es gebe Regionen mit über 20 Prozent Arbeitslosigkeit, vornehmlich in der Rohstoffförderung und Energieerzeugung. Hier sei die Umstrukturierung sehr anspruchsvoll. Auch sei es schwierig, dafür strategische Partner zu gewinnen. Man strebe an, die Arbeitskräfte aus der gewerblichen Produktion auf Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich umzuorientieren.
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Matthias Wissmann (CDU/CSU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, begrüßt den Leiter der tschechischen Delegation, Frantisek Brozík (links). |
Von den Abgeordneten des Bundestagsausschusses auf Formulierungen im Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission angesprochen, wonach das tschechische Parlament den Prozess der Rechtsangleichung gebremst habe, berichteten die Gäste, die regierenden Sozialdemokraten, die nicht über die absolute Mehrheit verfügen, hätten nach dem Regierungswechsel 1998 zunächst Schwierigkeiten gehabt, ihre Gesetzentwürfe durch das Parlament zu bringen. Man habe jetzt aber eine Form der Zusammenarbeit gefunden, um die Gesetzgebung zu beschleunigen. 1998 sei auch ein Ausschuss für europäische Integration eingerichtet worden. Bis zum Jahr 2001 strebe man an, das Bankenwesen grundsätzlich zu privatisieren. Das Parlament wolle günstige Infrastruktur- und Investitionsbedingungen schaffen, um weltweit Investitionspartner zu finden. Deutlich verbessert habe sich die Qualität der Luft, sodass man sich in der Umweltpolitik nun zunehmend der Verbesserung der Wasserqualität zuwenden könne.
Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses, Matthias Wissmann (CDU/CSU), bezeichnete die beiden Ausschüsse abschließend als "treibende Kraft", um die Bedingungen für die Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen Union so bald wie möglich zu schaffen.