KARTELLAMTSPRÄSIDENT BÖGE IM WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
Brüsseler Pläne zum Wettbewerbsrecht stoßen zum Teil auf deutliche Kritik
(wi) Auf deutliche Kritik sind die wettbewerbspolitischen Vorstellungen der Europäischen Kommission am 5. Juli im Wirtschaftsausschuss gestoßen. Der Präsident des Bundeskartellamtes, Ulf Böge, äußerte sich zum Weißbuch der Kommission über die Modernisierung des Wettbewerbsverfahrens, in dem vorgeschlagen wird, die Anmeldepflicht für wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen abzuschaffen und auf eine behördliche Entscheidung über die Freistellung vom Kartellverbot zu verzichten, wenn bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind (so genannte Legalausnahme).
Nach den Brüsseler Plänen sollen die betroffenen Unternehmen zunächst selbst einschätzen, ob ihre Vereinbarungen vom Kartellverbot frei gestellt sind oder nicht. Dadurch freiwerdende Kapazitäten will die Kommission für die Aufdeckung "wirklich schädlicher Kartelle" verwenden, wobei im Streitfall nationale Gericht und Kartellbehörden entscheiden sollen.
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Bundeskartellamtspräsident Ulf Böge (links) wird vom Ausschussvorsitzenden Matthias Wissmann (CDU/CSU) begrüßt |
Die Bundesregierung sieht die Probleme dieses Modells in der Rechtssicherheit für die beteiligten Unternehmen, die bei ihrer Selbsteinschätzung über die Freistellungsvoraussetzungen allein gelassen würden, und in der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung in Europa. Böge berichtete, von dem vorgesehenen System der "Legalausnahme" würde die Kommission nicht abgehen.
Das Kartellamt habe vorgeschlagen, dass Absprachen über horizontale Kooperationen zwischen Unternehmen, die den Wettbewerb berühren, bei den Kartellbehörden angemeldet und im Internet veröffentlicht werden müssten. Man sei nicht bereit, Abstriche am Ziel der Wettbewerbseffizienz zu machen. Nach Ansicht der Kommission seien horizontale Absprachen im Prinzip nichts Schlechtes, es sei denn, sie seien mit Marktmacht verbunden. Dies sei aus Sicht des Bundeskartellamtes nicht tragbar. Damit komme man in eine andere Wettbewerbskultur hinein, sagte Böge.
In einer einstimmig verabschiedeten Entschließung auf Vorschlag der SPD-Fraktion betonte der Ausschuss, wenn es möglich werde, horizontale Kartelle zu bilden, könne dies den Wettbewerb in der EU erheblich vermindern. Das Vorhaben, das Anmeldesystem für Unternehmenskooperationen abzuschaffen, scheine eher geeignet, die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft langfristig zu schwächen. Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen würden im Grundsatz positiv beurteilt, was der deutschen Erfahrung elementar widerspreche und auf keinen Fall akzeptiert werden dürfe. Das Anmeldeverfahren müsse daher zumindest für alle horizontalen Kartellabsprachen, die rechtswirksam werden sollen, erhalten bleiben.
Der Ausschuss unterstützt nach den Worten seines Vorsitzenden Matthias Wissmann (CDU/CSU) fraktionsübergreifend die Bemühungen des Kartellamts, die Kommissionspläne zu ändern. Die Entschließung des Ausschusses soll dem Bundeswirtschaftsminister übermittelt werden.