UNTERRICHTUNG IM AUSSCHUSS FÜR WIRTSCHAFTLICHE ZUSAMMENARBEIT UND ENTWICKLUNG
"Humanitäre Situation im Irak ist nicht mehr tragbar"
(ez) Eine Änderung der Haltung gegenüber dem Irak forderten die Abgeordneten im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) anlässlich des Berichtes der Bundesregierung. Diese hatte erklärt, es lägen nur wenig konkrete Informationen über die Situation in der Bevölkerung vor.
Aus den Berichten der wenigen Hilfsorganisationen vor Ort gehe aber hervor, dass landesweit ein Zusammenbruch der Nahrungs- und Trinkwasserversorgung zu befürchten sei. Dies treffe vor allem die ärmere Bevölkerung und die Kinder.
27 Pfennig Monatsrente
Das Programm "Oil for Food", mit dem es dem Irak ermöglicht werden soll, trotz des Embargos eine Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, sei um sechs Monate verlängert worden.
Die CDU/CSU erklärte, um festzustellen, dass "die humanitäre Situation im Irak nicht mehr tragbar" sei, stünden ihr ausreichend Informationen zur Verfügung: Eine monatliche Rente von 27 Pfennig und eine Tagesration von 20 Gramm Fett pro Person seien für die Union ausreichend, um aus deutscher Sicht energisch auf eine Änderung des Embargos zudringen.
Auch von der SPD wurde erklärt, die Situation sei nicht tragbar und eine Resolution des Plenums des Deutschen Bundestages sei das mindeste, was man zur Verbesserung der Verhältnisse erwarten könne.
Von den Grünen wurde in diesem Zusammenhang ein Dialog über die Einhaltung der Menschenrechte mit den USA gefordert.
Die PDS berichtete, herrschende Eliten im Irak würden das Embargo nutzen, um "sehr viel Geld" mit Schmuggel zu verdienen und mit Waffen und Versorgungsangeboten eigene Interessen durchzusetzen, wobei all dies in der UNO-Schutzzone geschehe.
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Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erklärte hierzu, eine ausführliche Beratung über die Situation im Irak müsse Ausdruck in der Tagesordnung des AWZ finden. Dabei sei aber auch klarzustellen, dass der Irak kein Entwicklungsland sei.
Seit Ende der 60er Jahre gebe es keine finanzielle Zusammenarbeit und keine technische Zusammenarbeit. Die jetzige, sehr begrenzte Hilfe kirchlicher und anderer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erfolge nur im Rahmen humanitärer Hilfe und in Folge des Golfkriegs von 1990.
Irak ist kein Entwicklungsland
Auch der Vertreter des Auswärtigen Amtes betonte, der Irak sei kein Entwicklungsland und werde auch nie eines werden. Bagdad werde von den beteiligten Golfkriegsnationen nach wie vor als eine hohe Gefährdungsquelle angesehen, die unter Kontrolle gehalten werden müsse. Eine Änderung dieser Haltung seitens der USA sei auch nach den Wahlen "eher unwahrscheinlich".
Für die Briten gelte dies auch, obwohl eine dort erstellte Studie konkret nachweise, dass Sanktionen wenig taugten. Zu bedenken sei auch die wirtschaftliche Kaufkraft des Irak als Land mit dem zweitgrößten Ölvorhaben der Welt.
Ohne internationale Einschränkung wäre es den Machthabern in kürzester Zeit möglich, sich erneut mit Waffen jeder gewünschten Art und Größenordnung zu versorgen. Auch deshalb liege es im Interesse der Anrainerstaaten, einer Änderung der Situation nicht zuzustimmen.
Forderungen gegen den Irak
Überdies müsse bei einer Aufhebung des Embargos, etwa im Rahmen von Friedensverhandlungen, mit Forderungen gegen den Irak in Höhe von 200 Milliarden Dollar zur Tilgung von Kriegsschulden gerechnet werden, wobei die Reparationskosten noch nicht eingerechnet seien.
Wer mit der Forderung nach einem Ende des Embargos "diese Glocke aufheben" wolle, müsse überlegen, welche Belastungen der Region und der irakischen Bevölkerung aufgebürdet würden, ohne damit etwas an der politischen Machtsituation im Irak zu ändern, führte die Regierung vor dem Ausschuss aus.