SACHVERSTÄNDIGENANHÖRUNG Kinder- und Jugendschutz im Internet verbessern(fa) In einer öffentlichen Anhörung mit Sachverständigen hat der Familienausschuss am 15. November das Thema Kinder- und Jugendschutz im Hinblick auf die neuen Medien beraten. Einig waren sich die Experten, dass Verbesserungen notwendig seien. Cornelius von Heyl von der Zentralstelle der obersten Landesbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten stellte "enormen legislatorischen Handlungsbedarf" fest. Die Entwicklung im Internet habe alle Erwartungen übertroffen. Es sei ein "Medienmedium", das jedes andere Medium vermitteln und transportieren könne. Thorsten Grothe vom Verband Privater Rundfunk- und Telekommunikation plädierte dagegen für das Instrument der Selbstkontrolle. Eine Verschärfung des Rundfunkstaatsvertrags etwa hielt er für einen "Schritt in die falsche Richtung". Einen abgestuften Mechanismus aus Sendezeiten, technischen Maßnahmen und Selbstkontrolle forderte Anja Bundschuh von der Kirchgruppe, die auch ausführlich zu den technischen Möglichkeiten zur Vorsperre von Filmen Stellung nahm. "Wer kontrolliert die Kontrolleure?"Im Zusammenhang mit Filtertechnologien warf Christine Feil vom Deutschen Jugendinstitut die Fragen auf, ob es wünschenswert sei, alles zu kontrollieren, was Kinder im Internet tun, wer die Kontrolleure kontrolliere, wo Kinder- und Jugendschutz anfange und wo die Zensur. Auch Christine Ketzer vom Chaos Computer Club wollte das Internet als "Kulturraum" betrachtet wissen und sprach sich für Informationsfreiheit aus. Sie zitierte eine Untersuchung aus den USA zum Thema Filtersoftware, der zufolge die Fehlerquote beim Marktführer bei 80 Prozent liege. Folker Hönge, Ständiger Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), forderte die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen und die Stärkung der Erziehungskraft der Eltern. Auch im europäischen Rahmen sei Eigeninitiative gefordert. Es sei "müßig", auf Regelungen aus Brüssel zu warten. Irene Johns vom Deutschen Kinderschutzbund beklagte, die Belange jüngerer Kinder würden im Jugendmedienschutz bisher unzureichend erfasst, die Problematik von Gewaltdarstellungen sei nach wie vor ungelöst und die Chancen zum Erwerb von Medienkompetenz seien ungleich verteilt. Hier bestehe die Gefahr einer "Wissenskluft". Sie begrüßte ein Verbot von Werbung in Kindersendungen, wogegen Thorsten Grothe darin einen falschen Ansatz mit möglicherweise kontraproduktiven Auswirkungen sah. Elke Monssen-Engberding von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zufolge werden im Internet Angebote zur Verfügung gestellt, die sowohl strafrechtlich relevant als auch offensichtlich schwer jugendgefährdend oder als jugendgefährdend eingestuft seien. Die Kontrolle im Printbereich sei sehr ausgeprägt gewesen. Nun seien solche Inhalte ungehindert unter Kindern und Jugendlichen präsent. Überrascht habe man feststellen müssen, in welchem Umfang Seiten mit Pornografie, Gewalt, gewalthaltigen Computerspielen, Pornografie mit Tieren und Gewalt oder mit Kindern als sexuelle Lustobjekte abrufbar seien. Wie schon andere Sachverständige zuvor, belegte sie ihre Aussagen mit teilweise drastischen Beispielen aus dem Internet in einer praktischen Vorführung. Einheitliche Maßstäbe von großer BedeutungWolfgang Schulz vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung an der Universität Hamburg hob zur Effektivierung des Jugendmedienschutzes die große Bedeutung einheitlicher Maßstäbe und Verfahren hervor. Er sprach sich dafür aus, die Aufsicht über sämtliche Informations- und Kommunikationsdienste im Internet einer Institution zu übertragen oder aber zumindest eine sehr enge Kooperation der Aufsichtsinstanzen gesetzlich vorzugeben. Grundlage der Anhörung waren zwei medienrelevante Berichte der Bundesregierung ( 14/1105 und 14/1191) sowie ein Bericht der Medien-Enquete zum Kinder- und Jugendschutz im Multimediazeitalter (13/11001). |