HEARING IM RECHTSAUSSCHUSS
Gewollte Verschärfung des Strafrechts für Sexualtäter stößt auf kritisches Echo
(re) Überwiegend kritisch haben sich die Experten in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses am 20. Februar zur geplanten Verschärfung des Strafrechts für Sexualtäter geäußert. Hierzu lagen dem Ausschuss ein Gesetzentwurf des Bundesrates ( 14/1125) und eine Gesetzesinitiative der CDU/CSU-Fraktion ( 14/6709) vor.
Als besonders kontrovers galt in der Initiative der Union eine "nachträgliche" Anordnung der Sicherheitsverwahrung, wenn sich ein Sexualtäter bei Verbüßen seiner Haftstrafe als "hochgefährlich" erweist. Uneins waren die Sachverständigen auch bei der von der Länderkammer erhobenen Forderung, die "Grundfälle" des sexuellen Missbrauchs von Kindern wieder als Verbrechen zu kennzeichnen.
So gibt Armin Nack, Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, in seiner schriftlichen Stellungnahme zu bedenken, die generelle Einstufung als Verbrechen könne in Einzelfällen "unangemessen" sein. Auch empfiehlt er, den bisherigen Strafrahmen, der zwischen den sexuellen Handlungen differenziert, beizubehalten und nicht, wie in den Gesetzentwürfen gefordert, die Mindeststrafe von bisher einem halben auf ein Jahr anzuheben und die entsprechenden Handlungen als Verbrechen mit einem "weiten" Strafrahmen zu ahnden. Gegen eine "Hochstufung" der genannten Delikte als Verbrechen spricht sich auch Professor Volker Krey von der Universität Trier aus. Er beruft sich dabei auf das Schuldprinzip und kriminalpolitische Erwägungen. Als "grundsätzlich plausibel" bewertet Krey hingegen, eine Unterbringung in der Sicherheitsverwahrung "bei entsprechenden rechtsstaatlichen Absicherungen" nachträglich anzuordnen. Er begründet dies mit dem Umstand, dass bei Sexualtätern erst bei Verbüßen der Haftstrafe die hohe Gefährlichkeit eines Täters deutlich werde, Gefahrenabwehrmaßnahmen aber nach geltender Rechtslage nicht in Frage kämen. Hier sieht er eine erhebliche Lücke im Bereich des vorsorgenden Schutzes der Bevölkerung vor schwerwiegenden Straftaten. Darüber hinaus müsse "um jeden Preis" verhindert werden, dass sich die Bundesländer des Problems gemäß Landespolizeirecht annähmen und es zu keiner bundeseinheitlichen Regelung komme.
"Gravierende verfassungsrechtliche Bedenken" gegen die nachträgliche Anordnung einer Sicherheitsverwahrung äußerte Jörg Kinzig vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg. So könne das Gesetzesvorhaben gegen das Rückwirkungsverbot sowie das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen. Des Weiteren verwies er darauf, dass auch die Ausweitung der Möglichkeiten für eine DNA-Analyse praktische und verfassungsrechtliche Fragen aufwerfe.
"Auf sehr dünnem Eis" bewegt sich aus Sicht von Professor Rudolf Egg von der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden eine Gefährlichkeitsprognose, die eine frühere gerichtliche Feststellung zwar nicht als solche korrigiert, aber dennoch zu einer deutlich ungünstigeren Bewertung gegenüber dem Straftäter kommt, die für eine nachträgliche Sicherheitsverwahrung ausreichend wäre. Deshalb regte er einen Kompromiss an, bei dem das erkennende Gericht in "begründeten" Zweifelsfällen die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung "vorbehaltlich" anordnen und die endgültige Entscheidung darüber der Strafvollstreckungskammer überlassen könnte.
Keine verfassungs- oder europarechtlichen Probleme sieht der Präsident des Landgerichts Traunstein, Klaus Weber.