PLENARBESCHLUSS
Freiwillig versicherte Rentner bei den Kassenbeiträgen entlasten
(ge) Bisher freiwillig oder familienversicherte Rentner, die die maßgebliche Vorversicherungszeit erfüllen, sollen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig werden. Dies beschloss das Plenum am 1. März gegen die Stimmen der CDU/CSU, indem es einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalition ( 14/8099) in geänderter Fassung annahm. Damit wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 umgesetzt.
Für den überwiegenden Teil der betroffenen Rentner habe dies eine Beitragsentlastung zur Folge, schreibt die Koalition. Für die bisher freiwillig versicherten Rentner, die neben ihrer Rente über keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen verfügten, und die bisher familienversicherten Rentner könne sich die Versicherungspflicht jedoch als finanziell nachteilig erweisen.
SPD und Bündnisgrüne wiesen darauf hin (Beschlussempfehlung 14/8384), dass sich der Gesetzentwurf darauf beschränke, den Beschluss des Verfassungsgerichts zu flankieren und abzufedern. Denjenigen Rentnern, die durch die Neuregelung benachteiligt würden, werde mit einer Übergangsregelung Vertrauensschutz gewährt. Ihnen werde ein Wahlrecht eingeräumt, ob sie weiterhin freiwillig versichert bleiben oder in die Pflichtversicherung wechseln wollten.
"Rosstäuscherei" vorgeworfen
Nach Überzeugung der Union betreibt die Koalition "Rosstäuscherei". Durch die Verringerung der Wahlmöglichkeit würden die Krankenkassen gezwungen, ihre Beitragssätze weiter anzuheben. Letztlich schlage die Entlastung, die durch das Gesetz erreicht werden sollte, in eine weitere Belastung der Rentner um. Die FDP argumentierte, eine grundlegende Reform der Finanzierungsseite der gesetzlichen Krankenversicherungen wäre notwendig. Es sei unbefriedigend, dass die nun gefundene Regelung mit bürokratischem Aufwand verbunden sei und neue Ungerechtigkeit schaffe. Um zu verhindern, dass sich die Situation freiwillig versicherter Rentner verschlechtere, trage die Fraktion die Initiative aber mit. Die PDS begrüßte die Absicht, durch das Gesetz unzumutbare Belastungen zu verhindern. Die geplante Regelung sei geeignet, Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Gleichzeitig bleibe die Möglichkeit bestehen, zukünftig das Beitragsrecht aller Versichertengruppen grundlegend neu zu gestalten.
Experten zerstritten
Experten des Gesundheitswesens waren uneinig darüber, wie die vom Bundestag beschlossene Neuregelung einzuschätzen ist. Dies ging aus den schriftlichen Stellungnahmen hervor, die die Sachverständigen für eine öffentliche Anhörung des Gesundheitsausschusses vorgelegt haben, die am 20. Februar stattfand. So bedauert die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten, dass der Entwurf keine grundlegende Neuerung des Beitrags- und Mitgliedschaftsrecht darstelle, sondern nur eine zeitlich begrenzte Übergangslösung bis zur angekündigten Gesundheitsreform sei.
Die Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeber bemängelt an dem Gesetzentwurf, dass die Regelung nicht zu der vom Gericht gewünschten Beitragsgerechtigkeit führe. Sie bedeute zwar für einige Rentner eine finanzielle Entlastung, da damit die Beitragspflicht für sonstige Einnahmen, wie Zinsen oder Mieten, entfalle. Für diejenigen Rentner aber, die außer der gesetzlichen Rente keine weiteren Einnahmen hätten, würden die Beiträge steigen, weil für sie nun statt dem ermäßigten der allgemeine Beitragssatz gelten würde.