GESETZ PASSIERT BUNDESTAG
Zulassungsverfahren für Biozidprodukte und Holzschutzmittel neu geregelt
(um) Die Kennzeichnungspflichten und Zulassungsverfahren für Biozidprodukte werden neu geregelt. Dies sieht ein Gesetz der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Richtlinie über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten ( 14/7007) vor, das der Bundestag am 21. März mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen das Votum von CDU/CSU und FDP bei Enthaltung der PDS in der vom Umweltausschuss beschlossenen Fassung ( 14/8508) verabschiedet hat.
Die Regierung hatte im Gesetzentwurf dargelegt, mit der verstärkten Verwendung von Bioziden in den verschiedensten Lebensbereichen und mit der zunehmenden Kenntnis der Wirkung sei in den letzten Jahrzehnten auch das Risikopotenzial für Menschen wesentlich deutlicher geworden.
Gefährdungen aufdecken
Zugleich habe sich gezeigt, dass das bisherige System der Prüfung von Industriechemikalien nicht geeignet sei, "frühzeitig und angemessen" die von Bioziden ausgehenden Gefährdungen für Mensch und Umwelt aufzudecken. Mit den nun verabschiedeten bundesrechtlichen Regelungen sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Zulassungsverfahren ähnlich wie bei Pflanzenschutz- oder Arzneimitteln durch Bundesoberbehörden wahrzunehmen.
Vereinbart ist auch, die EU-Vorgaben zur Regelung der erforderlichen Änderungen im Chemikaliengesetz zu integrieren sowie im Arzneimittelgesetz, im Lebensmittelgesetz und im Bedarfsgegenständegesetz einzubringen. Festgelegt wird außerdem die Beteiligung der künftigen Zulassungsstelle für Biozidprodukte im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel.
Mit der Beschlussfassung verbunden ist die Annahme einer von den Koalitionsfraktionen initiierten Entschließung, in der die Regierung aufgefordert wird, sicherzustellen, dass die Zulassung von Bioziden einvernehmlich mit den Interessen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes sowie des Umwelt- und Arbeitsschutzes erfolgt. Darüber hinaus soll sie sich dafür einsetzen, dass im verbrauchernahen Bereich eine EU-weit harmonisierte Kennzeichnungspflicht über das erhöhte Risiko durch Biozidwirkstoffe und Biozidprodukte eingeführt wird. Diese Vorgaben ergänzen die ursprüngliche Fassung des Gesetzesvorhabens, wonach neben einem entsprechenden Zulassungsverfahren auch zusätzliche Vorschriften zur Kennzeichnung und zur Werbung vorgestellt werden sollen und und eine Vorvermarktungskontrolle zu schaffen ist. Danach soll künftig für Holzschutzmittel, Desinfektionsmittel, Rattengifte, Antifoulingfarben und ähnliche Biozidprodukte ein besonderer Regelungsrahmen erreicht werden.
Im Zuge der politischen Entscheidungsfindung veranstaltete der Umweltausschuss zur Vorlage der Bundesregierung auch eine öffentliche Anhörung. Dazu Stellung genommen hat auch der Bundesrat. Seine Äußerungen wurden gemeinsam mit der Gegenäußerung der Regierung in Form einer Unterrichtung (14/7922) vorgestellt.
Weitere Abgrenzung unnötig
In der Unterrichtung wird von der Regierung dargelegt, die vom Bundesrat erbetene klare Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit des Chemikaliengesetzes und des Pflanzenschutzgesetzes werde nicht als erforderlich angesehen. Der Gesetzentwurf folge vielmehr der Richtlinie des EU-Rates, wonach EU-rechtlich die Regelungsbereiche für Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte klar voneinander abgegrenzt seien. Ein konkretes Produkt könne daher jeweils nur entweder Biozidprodukt oder Pflanzenschutzmittel sein, nicht aber beides. Von Bedeutung sei, dass Definitionen sich nicht allein an chemisch-biologischen Eigenschaften eines Produktes, sondern auch an dem ausgelobten Anwendungsbereich orientieren. Dies gelte selbst dann, wenn Produkte denselben Wirkstoff enthielten oder sogar eine gleiche Zusammensetzung aufwiesen.
Widersprochen hat die Bundesregierung im Weiteren den Änderungsvorschlägen des Bundesrates zum Biozidgesetz bei insgesamt sieben Positionen, während sie in neun Punkten ihr Einverständnis signalisiert hat.
Kontrovers waren auch die Positionen der Experten bei der öffentlichen Anhörung.
"Enorme Kosten"
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hatte dargelegt, es sei damit zu rechnen, dass von europaweit 1.400 Biozidwirkstoffen künftig wesentlich weniger als die Hälfte zur Verfügung stehen werden. Die andere Hälfte werde vom Markt verschwinden. Der VCI begründete seine Prognose damit, nach Inkrafttreten des Biozidgesetzes sei eine rentable Vermarktung der Wirkstoffe auf Grund der hohen Zulassungskosten nicht mehr gewährleistet.
Ein mittelständisches Unternehmen laufe heute schon Gefahr, die enormen Kosten für eine Wirkstoffüberprüfung der Produktart selbst zu finanzieren oder das Produkt vom Markt nehmen zu müssen.
Die Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin befürwortete, dass Anbieter ihr Produktprogramm straffen und "weniger sorglos" mit den Produkten umgehen. Der Schutz von Verbrauchern und der Umwelt würde dadurch tendenziell verbessert.