REGIERUNGSERKLÄRUNG ZUM KYOTO-PROTOKOLL
Trittin: Vorreiterrolle beim Schutz des Weltklimas hat sich bezahlt gemacht
(um) Die Verantwortung Deutschlands für den globalen Klimaschutz hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) am 22. März in den Mittelpunkt seiner Regierungserklärung zum Kyoto-Protokoll gestellt. Erstmals werde damit international verbindlich eine absolute Obergrenze für Treibhausgasemissionen festgelegt, sagte der Minister. Egal, wie viel und auf welche Weise etwas produziert werde und wie stark der Verkehr wachse, die Obergrenze müsse verbindlich eingehalten werden.
Ein Staat, der diese Grenze nicht einhalte, wird nach den Worten Trittins auf Grund des Kyoto-Protokolls spürbare Zinsen durch höhere Reduktionsverpflichtungen zu zahlen haben. Um die Verpflichtungen erfüllen zu können, hätten die Staaten eine Reihe flexibler Mechanismen an die Hand bekommen. Mit dem Regelwerk von Kyoto, so Trittin weiter, stelle sich die Bundesregierung einer der größten umweltpolitischen Herausforderungen, der Aufgabe, "den Klimawandel so zu begrenzen, dass Mensch und Natur damit leben können". Die Vorreiterrolle beim Klimaschutz habe sich auch ökonomisch gelohnt. Arbeitsplätze in Zukunftsindustrien wie Windkraft, Photovoltaik, Biomasse und Brennstoffzelle machten den Wirtschaftsstandort Deutschland fit für das 21. Jahrhundert.
Einseitiger Abschied der USA
Als größtes Problem für die Umsetzung des Kyoto-Protokolls bezeichnete Trittin "die Tatsache, dass sich der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen einseitig aus dem Kyoto-Protokoll verabschiedet" habe. Die USA stießen pro Kopf doppelt so viel Treibhausgase aus wie Europa und seien für 25 Prozent der Kohlendioxidemissionen weltweit verantwortlich.
Klaus Lippold (CDU/CSU) hatte zur Entscheidung seiner Fraktion für die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls betont, man werde sich der Mitwirkung an der Entscheidung als einer zentralen Frage für die kommenden Jahrzehnte nicht verschließen, sondern sie – weil zwingend notwendig – mittragen. Zu fragen sei, warum Deutschland nicht angeregt habe, die G-8-Runde um ein zusätzliches Gremium zu erweitern, ein Gremium, in dem die Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer "an der Beantwortung der großen Fragen dieser Welt gemeinschaftlich zusammenarbeiten".
Kein Ausgleich für Kernkraft
Die Kritik seiner Fraktion richte sich auch gegen eine Ausgrenzung der Kernenergie. Das werde mittel- und langfristig den Klimaschutz negativ beeinflussen. Denn durch regenerative Energien sei der Wegfall der Kernenergie nicht auszugleichen, so Lippold.
Ulrike Mehl (SPD) sagte, die Entscheidung für Kyoto sei nicht immer zu erwarten gewesen. Die negativen Trends, die zur Rio-Konferenz führten, seien ungebrochen und hätten sich teilweise sogar verschärft. Doch gebe es auch Erfolge, etwa das Montreal-Abkommen zum Schutz der Ozonschicht. Mit diesem internationalen Abkommen sei es beispielhaft gelungen, die Fluorchlorkohlenwasserstoffe weltweit zu reduzieren. An die Opposition gewandt sagte Mehl, der Emissionshandel sei keine Lizenz zum Gelddrucken oder um ordentlich Geld zu verdienen, ohne dass die Kohlendioxidemissionen gesenkt werden.
Birgit Homburger (FDP) hätte sich gewünscht, dass die Bundesregierung das Gesetz zum Kyoto-Protokoll früher vorlegt. Zwischenzeitlich sei man auf nationaler Ebene sehr viel weiter, mittlerweile gehe es um die Umsetzung des Kyoto-Protokolls und darum, wie sie in Europa gestaltet werde. So liege ein zweiter Richtlinienentwurf der EU-Kommission vor, zu dem der Minister außer der Forderung nach Anerkennung der Vorleistungen der deutschen Wirtschaft kein Wort verloren habe. Dabei sei es dringend notwendig, zu dem EU-Richtlinienentwurf Stellung zu nehmen. Der Emissionshandel werde 2005 europaweit eingeführt und Großbritannien, Dänemark und die Niederlande bereiteten sich darauf vor. In Deutschland aber herrsche "absolute Fehlanzeige".
Reinhard Loske (Bündnis90/Die Grünen) betonte, das Kyoto-Protokoll sei kein Vertrag, der nur einfach geschlossen und dann umgesetzt werde. Die Funktion des permanenten Prozesses habe man vom erfolgreichen Montrealer Protokoll gelernt, und auch am Zustandekommen des Abkommens von Kyoto hätten viele mitgewirkt: Klaus Töpfer habe 1992 in Rio eine positive Rolle gespielt, der frühere Bundeskanzler Kohl habe 1995 dazu beigetragen, dass es weiterging. Bundeskanzler Schröder habe 1999 ein Signal für die Vorreiterrolle Europas gegeben. Trittin sei es gelungen, dass Europa auf der Konferenz in Den Haag erstmals in der internationalen Klimapolitik mit einer Stimme sprach, um mit den Entwicklungsländern zum Erfolg zu kommen.
Mit "einigen Mythen aufräumen" wollte Eva Bulling-Schröter (PDS). Von realer Reduzierung der Treibhausgase durch die Industriestaaten kann nach ihrer Ansicht kaum die Rede sein.
Höhere Emissionen
Mit Ausnahme von Deutschland, Großbritannien und Luxemburg hätten alle Industrieländer mehr und nicht weniger Klimagase emittiert. Wer künftig mit wem Zertifikate handeln werde, dürfte klar sein, wenn etwa Russland und die Ukraine mit Null-Reduktionszielen ab 2008 Emissionsrechte verkaufen könnten.