REGIERUNGSERKLÄRUNG
Künast rückt den vorsorgenden Verbraucherschutz in den Mittelpunkt
(vs) Den vorsorgenden Verbraucherschutz will Ministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen. Dazu zähle, dass die angebotenen Produkte gesundheitlich unbedenklich und sicher sind, betonte sie am 14. März in ihrer Regierungserklärung "Auf dem Weg in eine verbraucherorientierte Marktwirtschaft" vor dem Deutschen Bundestag.
Dabei müsse der Schutz bei Gesundheitsgefährdungen immer Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben, sagte die Ministerin. Die Verbraucherpolitik soll nach ihren Worten die rechtlichen und informationellen Voraussetzungen für die Entscheidungen der Verbraucher schaffen. Ziel sei eine ökologisch orientierte, soziale Marktwirtschaft.
Die Bundesregierung habe mit der Reorganisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes begonnen und die Risikobewertung und Risikoeinschätzung und unabhängig davon das Risikomanagement zum Nutzen der Verbraucher geschaffen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung arbeite ohne politische und wirtschaftliche Einflussnahme, so die Ministerin. Dieses Institut werde eine "neue Kultur" schaffen.
Das Bio-Siegel sei bereits ein Erfolg und Vorreiter im Lebensmittelbereich. Durch die Gründung der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. als Dachorganisation hätten alle 35 Organisationen des Verbraucherschutzes vernetzt werden können. Schließlich habe das Bundeskabinett ein Verbraucherinformationsgesetz beschlossen.
"Größte Rückrufaktion"
Annette Widmann-Mauz (CDU/ CSU) nannte Künasts Verbraucherschutzpolitik die "größte politische Rückrufaktion in diesem Land". Sie bezeichnete die soziale Marktwirtschaft als besten Verbraucherschutz für Arbeitnehmer, der gut für den Wettbewerb, für die Nachfrage und damit sowohl für Verbraucher als auch für Arbeitgeber sei. Eckpfeiler seien Transparenz, Eigenverantwortung, Kontrolle und Nachhaltigkeit. Dies gelinge nur, wenn man Kompetenz und effizientes Handeln bei den Beteiligten vorfinde. Das Vorhaben, Transparenz und Informationsmöglichkeiten auf den Märkten zu stärken, sei zu begrüßen. Je informierter und aufgeklärter die Verbraucher seien, desto besser könnten sie den Markt steuern und desto funktionstüchtiger sei der Wettbewerb.
Pflicht zur Kennzeichnung
Für die SPD erklärte Jella Teuchner, ein funktionierender Wettbewerb mit einer breiten Angebotspalette sorge dafür, dass Verbraucher Produkte und Dienstleistungen nach ihren Präferenzen auswählen können. Diese Auswahl müsse auch in Zukunft gesichert bleiben. Die Regierung habe Kennzeichnungspflichten eingeführt und werde weitere prüfen, etwa bei der Strahlung von Handys oder beim Energieverbrauch von Kraftfahrzeugen. Die Stiftung Warentest sei als unabhängige Stelle für objektive Informationen notwendig, wenn auch eine größere Unabhängigkeit der Stiftung vorstellbar sei.
Gudrun Kopp (FDP) betonte, die Lebensmittelwirtschaft auf der einen sowie Mediziner und Technologen auf der anderen Seite seien dabei, Kunden vor Ort im Laden ein ausgeklügeltes Netz von Daten und Zusatzinformationen zur Verfügung zu stellen. Sie kämen damit ihrer Selbstverpflichtung nach. Die FDP lege größten Wert darauf, dass der Stiftung Warentest endlich ein Stiftungskapital zugesprochen werde, damit sie unabhängig von schwankenden Haushaltslagen ihre Arbeit erledigen könne.
Nach Auffassung von Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen) geht es darum, der "Abzocke" von Verbrauchern entgegenzuwirken. Die Verbraucher brauchten Information und Transparenz, Beteiligung und Schutz, um Produkte und Dienstleistungen kaufen zu können. Man habe jetzt zum ersten Mal eine Struktur, die es ermögliche, die Probleme im Verbraucherschutz zu benennen und Regierungshandeln objektiv zu gestalten. Die Regierung habe verhindert, dass es zu einem unkontrollierten Marktzugang gentechnisch veränderter Produkte kommt. Wenn man den Verbraucherschutz ernst meine, müsse das Motto lauten: Information, Kennzeichnung, Schutz und Partizipation der Verbraucher bei Wahrung der Interessen der Wirtschaft.
Nach Meinung von Kersten Naumann (PDS) wird das geplante Verbraucherinformationsgesetz den Wirtschaftsinteressen geopfert. Die Wirtschaft habe den längeren Arm und bestimme, was wie in welcher Qualität auf den Markt komme. Verbraucherschutz in der Marktwirtschaft durchzusetzen sei fast so aussichtslos wie der Versuch, mit dem Fahrrad einen Schnellzug einzuholen. Gesellschaftlich gewollte Standards müssten daher gesetzlich geregelt werden. Selbstkontrolle und Selbstverpflichtung der Hersteller reichten nicht aus, so Naumann.
Auswirkungen prüfen
Einen Entschließungsantrag der FDP ( 14/8520) zur Regierungserklärung überwies der Bundestag zur Beratung an den Agrarausschuss. Darin wird die Regierung aufgefordert, bei künftigen Gesetzesvorlagen auch die Auswirkungen auf die Verbraucher in Bezug auf deren finanzielle Belastung, rechtliche Stellung, den Wettbewerb, den Bürokratie- und Verwaltungsaufwand, den Datenschutz und gesundheitliche Belange zu prüfen.