Harry Wu: Politisch verfolgte Mandatsträger unterstützen
Berlin: (hib/STT) Über die Möglichkeit, politische Mandatsträger anderer Länder zu unterstützen, die wegen ihres menschenrechtlichen Engagements an der Ausübung ihres Amtes gehindert, verfolgt oder sogar mit dem Tod bedroht werden, informierte sich der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe in einer öffentlichen Sitzung am Mittwochnachmittag. Der Europarat habe 1999 auch dafür das Amt eines Kommissars für Menschenrechte eingerichtet, so der deutsche Delegationsleiter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Wolfgang Behrendt (SPD). Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 besteht die Möglichkeit einer Staaten- oder einer Individualbeschwerde bei Verstößen gegen die Menschenrechte. Dies seien zwar konkrete Instrumentarien, aber ihre Wirkung sei oft nur begrenzt, so Behrendt. Ein wichtiges Sanktionsmittel sei die Androhung, bestimmte Länder aus dem Europarat auszuschließen. Auch in der Interparlamentarischen Union (IPU) gebe es einen Ausschuss für Menschenrechte, vor dem Beschwerden möglich seien, erklärte die deutsche IPU-Delegationsleiterin Rita Süssmuth (CDU/CSU). Allerdings hätten die Beschlüsse keine rechtskräftige Wirkung. Durch die entsprechenden Resolutionen könnten die Mitgliedstaaten lediglich aufgefordert werden, diese in geltendes Recht umzuwandeln. Gert Weisskirchen (SPD) erklärte als stellvertretender deutscher Delegationsleiter in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, dass die OSZE zwar Deklarationen abgeben könne, diese jedoch keine bindende Wirkung hätten. Andere Instrumente auf Regierungsebene seien immer an das Konsensprinzip gebunden. Ulrike Peiffer von der Nichtregierungsorganisation "amnesty international" schlug sogenannte "Peer Support"-Patenschaften zwischen deutschen und verfolgten ausländischen Parlamentariern vor. Durch ständigen persönlichen Kontakt könnten die Verfolgten besser geschützt werden. Eine weitere Maßnahme sei die Erstellung von "Menschenrechtspaketen" mit Informationen über die betroffenen Länder und verfolgte Personen. Die Informationspakete könnten an Parlamentarier aller Ausschüsse und Delegationen weitergegeben werden, so dass diese bei Dienstreisen die Möglichkeit ergreifen könnten, Menschenrechtsverletzungen anzusprechen.
Von seinen persönlichen Erfahrungen berichtete der chinesische Menschenrechtsverteidiger Harry Wu vor dem Ausschuss. Eigenen Angaben zufolge wurde er 1957 als "konterrevolutionärer Rechter" ohne Verhandlung zu lebenslanger Haft "verurteilt". Anschließend verbrachte er 19 Jahre in so genannten Laogai-Arbeitslagern. Nach seiner Freilassung und Ausreise in die USA begann er sich aktiv für Menschenrechte in China einzusetzen. In den Laogai-Lagern sollen Regimegegner durch Arbeit umerzogen werden, so Harry Wu. Wie viele dieser Lager es in China gebe, könne nicht genau gesagt werden, wahrscheinlich seien es aber über 1.000. Dadurch stünden der chinesischen Regierung Millionen kostenloser Arbeiter zur Verfügung; die Lager stellten damit einen eigenen Zweig der chinesischen Wirtschaft dar. Die dort produzierten Waren würden in alle Welt exportiert. Zudem seien die Laogai-Gefangenen ein Druckmittel des Regimes. Immer wieder würden einzelne Personen entlassen, um damit chinesische Anliegen in anderen Ländern durchzusetzen. Mit etwa 4.000 Hinrichtungen pro Jahr fänden zudem 80 Prozent aller weltweiten Hinrichtungen in China statt, betonte Harry Wu. Er sagte, dass den Hingerichteten oftmals Organe entnommen und diese dann weiter verkauft würden. Zur Zeit befinde sich der chinesische Staat an einem Scheideweg, was zum Beispiel an der immer stärker werdenden Falun-Gong-Bewegung sichtbar werde. Andere Staaten und damit auch Deutschland müssten nun konsequent für Menschenrechte eintreten. Auch die 2008 in Peking stattfindenden olympischen Spiele seien eine Chance dafür.